„Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben ( …) Ja, und wenn man schon so redet und sie hat keins, na, dann ist es doch viel besser gleich, sie hat eins!“
Das behauptete Fritzi Massary, die berühmteste Operettendiva ihrer Zeit, 1932 in den Film „Eine Frau weiß, was sie will”. Das war nicht nur lasziv und sehr erotisch, sondern auch äußerst gewagt. Denn diese Attitüde entsprach ganz und gar nicht dem Frauenbild im Nationalsozialismus. „Juden raus”, brüllte die SA während der Vorstellungen im Berliner Metropol-Theater. Das Berliner Publikum lag der Massary zu Füßen. Sie sah sich aber gezwungen, kurze Zeit später ins Ausland zu flüchten, was das Ende ihrer glanzvollen Karriere bedeutete. Dem Textdichter sollte das gleiche Schicksal sechs Jahre später widerfahren.
Auch Alfred Grünwald, geboren am 16. Februar 1884 in Wien, hatte jüdische Wurzeln. Nach dem Gymnasium verdiente er sich erste Sporen als Chorsänger und Komparse an verschiedenen Wiener Theatern. Seine Liebe galt dem Schreiben. Schon bald war er Feuilletonist und Theaterkritiker und verfasste Bühnensketche und Einakter für Kabaretts. Einen Meilenstein in seiner Karriere markierte 1909 die Begegnung mit dem Librettisten Julius Brammer.
Die beiden kreativen Köpfe bildeten die sogenannte Firma „Brammer-Grünwald“, eine Libretti-Werkstatt mit enormer Produktivität. In dieser Zusammenarbeit war Brammer meist für die Handlungsidee und die Dialoge und Grünwald für die Gesangstexte verantwortlich. Die Komponisten standen Schlange. So entstanden mit Leo Ascher „Die gold’ne Meisterin“, mit Franz Lehár „Die ideale Gattin“, mit Leo Fall „Die Rose von Stambul“ und mit Emmerich Kálmán „Die Bajadere“, „Die Zirkusprinzessin und „Gräfin Mariza“, aus der die köstliche Textzeile stammt: „Denn meine Leidenschaft brennt heißer noch als Gulaschsaft“.
Ende der 1920erJahre ging die langjährige Zusammenarbeit in Brüche. In Fritz Löhner-Beda fand Grünwald einen neuen kongenialen Schreibpartner. Mit Paul Abraham schufen sie „Die Blume von Hawaii“, „Victoria und ihr Husar“und „Ball im Savoy“ und mit Oscar Straus “Eine Frau weiß, was sie will”.
Obwohl sich Grünwald nie politisch betätigt hatte, wurde er nach dem Anschluss 1938 in Wien in Schutzhaft genommen. Dabei teilte er die Gefängniszelle mit Bruno Kreisky, dem späteren österreichischen Bundeskanzler. Bei einem Freigang nutzte er die Gelegenheit zur Flucht nach Paris und emigrierte über Casablanca und Lissabon mit seiner Familie in die USA. An die früheren Erfolge konnte Grünwald nicht mehr anschließen. Er starb am 24. Februar 1951 in New York.
Heute erinnert in seiner ehemaligen Heimatstadt der Alfred Grünwald-Park im 6. Bezirk an ihn. Auch Sohn Heinz Anatol hinterließ in Wien Spuren. Als Henry Grunwald war er dort von 1987 bis 1990 Botschafter der USA.
© 2021-03-15