„Wer wird denn weinen, wenn man auseinandergeht, wenn an der nächsten Ecke schon ein andrer steht. Man sagt auf Wiederseh’n und denkt sich heimlich bloß: Na, endlich bin ich wieder ein Verhältnis los.“
Manchmal kommt man zu einem Hit wie die Jungfrau zum Kind. Arthur Rebner erging es so. Drei Tage vor der Premiere des musikalischen Schwanks „Die Scheidungsreise“ im Mai 1920 fehlte dem Komponisten Hugo Hirsch noch immer der zündende Text für die Hauptnummer, die sich durch das Stück ziehen sollte. Im Bühnen-Club Berlin suchte er beim Baccarat-Spiel Inspiration, als ihn sein Regisseur anrief und lautstark nach dem Text verlangte. In seiner Verzweiflung wandte er sich an Arthur Rebner, einen Club-Kollegen, der zufällig Ohrenzeuge des Gesprächs wurde, aber mit dem Stück nicht das geringste zu tun hatte. „Fällt dir was ein? Wenn nicht, geht die ganze Aufführung auseinander.“ Rebner konterte prompt: „Wer wird denn weinen, wenn man auseinandergeht?“ Die Hookline für den Schlager war gefunden und Hirsch gerettet. Claire Waldorff sang das skandalträchtige Lied bei der Premiere, Marlene Dietrich machte es berühmt.
Arthur Rebner, am 30. Juli 1890 in Lemberg (heute: Ukraine), studierte er von 1909 bis 1915 in Wien Musik und lernte den um zehn Jahre älteren Komponisten Robert Stolz kennen, damals musikalischer Leiter am Theater an der Wien. Gemeinsam schrieben sie 1917 „O Wien, ich kenne dich nicht wieder“, 1918 „Frühling in Wien“. 1919 folgte „Hallo, du süße Klingelfee“ aus der Operette „Tanz ins Glück“ und 1920 „Salome, schönste Blume des Morgenlands“, der wohl größte kommerzielle Erfolg des Duos. „Die alte Hur‘ ist nicht zum Umbringen“, meinte Stolz 95-jährig kurz vor seinem Tod nicht gerade charmant über die Tantiemenbringerin. Umso erstaunlicher, dass Arthur Rebner in den Stolz-Biographien kaum oder gar keine Erwähnung findet.
Seine Texte repräsentierten den Zeitgeist der Wilden Zwanziger Jahre: frech, anzüglich, gespickt mit jüdischem Humor. 1924 zog Rebner fix nach Berlin und wurde im Bühnen-Club gefeierter Conférencier, Revueautor und Drehbuchautor. Auch als Übersetzer hinterließ er Spuren. So übertrug er 1927 einen Comic von Pat Sullivan unter dem Titel “Felix der Kater – Seltsame Abenteuer” in Wilhelm-Busch-Manier ins Deutsche. Als Zeichentrickfigur lief „Felix the Cat“ bereits 1917 zum ersten Mal über die Leinwand der amerikanischen Kinos – zwölf Jahre, bevor es die Micky Maus von Walt Disney tat.
Nach der Machtübernahme des Nazis war Arthur Rebner gezwungen, Deutschland zu verlassen. Er kehrte vorerst nach Wien zurück und arbeitete dort als Operettenlibrettist. Im März 1938 emigrierte er über die Schweiz nach Frankreich, später nach Mexiko und in die USA. 1947 wurde er in Hollywood Direktor im Ebell Willshire-Theatre. Arthur Rebner starb am 8. Dezember 1949 im Alter von 59 Jahren in Los Angeles.
© 2020-11-22