West-Ost-Ost-West

G.F. Stöger

von G.F. Stöger

Story

Landeskriminalamt Bregenz, Vorarlberg

„Was bitte, soll ich denen sagen?“ Sarah sah den Chef des LKAs skeptisch an. Die Internet-Community spielte bereits verrückt. Voll mit Verschwörungstheorien. Eine weniger hilfreich als die andere. Jetzt Anfrage über Anfrage durch die Medien. Die Pressestelle tat ihr Bestes, doch die Berichterstattung entwickelte eine gereizte Eigendynamik.

Sarah war erst zwei Stunden in der Zentrale, da hatten sich die Nachrichten über die Tat schon von Vorarlberg durch ganz Österreich ausgebreitet. Nun hatte Oberst Stadelbauer sie gebeten, die Pressekonferenz gemeinsam mit ihm abzuhalten.

„Das Fachwissen hast du, selbst wenn wir für die zu wenig wissen. Du bist die Chefin der Mordgruppe. Die Leute wollen hören und nicht nur lesen, dass wir das im Griff haben.“ Klare Ansage. Diesen Teil des Jobs hielt sie für derart überflüssiges Theater.

In diesem Fall musste sie in den sauren Apfel beißen. Eines war noch zu klären: „Betreffend der Fälle in Niederösterreich. Wie schaut es da mit Zusammenarbeit aus? Wir müssen unsere Kräfte bündeln. West-Ost-Ost-West. Niemand weiß, wo sich der nächste Tatort ‚präsentiert‘ … und in welcher ‚Farbe‘ …“

„Unsere Führungsriegen beraten bereits. Vermutlich gibt es eine SOKO. Ich sollte bis zur Pressekonferenz Bescheid wissen.“ Er räusperte sich. „Und selbstverständlich würdest du diese SOKO leiten. Der erste Mord geschah hier und die Staatsanwaltschaft Feldkirch ist zuständig.“

Sarah seufzte. Sie hatte es bereits geahnt. Ausgerechnet! Im Fachkurs hatte sie vor Jahren eine Beziehung mit einem Kollegen vom LKA Niederösterreich. Hatte kein glamouröses Ende genommen … ‚Solange wir nicht eine Telefonüberwachung brauchen … andererseits käme mir diese gerade recht. Zumindest hätten wir dann wenigstens eine Ahnung wer der Täter sein könnte! Ich hoffe, die Funkzellenauswertung führt zu neuen Erkenntnissen. So viele dürften da oben um diese Jahreszeit ja nicht eingeloggt gewesen sein.‘

„Also. Bis in zwei Stunden!“ Der LKA-Leiter verabschiedete sich. „Ich werde da sein!“, rief ihm Sarah leicht genervt nach.

Sie brauchte schleunigst einen klaren Kopf. Der Hubschrauber-Landeplatz auf dem Dach der Landespolizeidirektion war dafür der richtige Ort. Der Ausblick war hier oben spektakulär und beruhigend zugleich: Die Stadt zu Füßen, der Horizont durch Bodensee und Pfänderstock eingerahmt.

„War anzunehmen, dass du hier bist!“ Bernds Stimme durchbrach ihre Meditation. „Ich hab bei den Niederösterreichern etwas gefunden, das uns weiterhelfen könnte!“, erklärte er.

Sarahs Gedanken wechselte in Bruchteilen von Sekunden in den Ermittlungsmodus: „Eventuell klingt gut!“

Um 18 Uhr betraten Oberst Stadelbauer und Sarah – beide in Uniform – das Pressefoyer. „Vielen Dank für Ihr Kommen! Die Umstände sind leider drastisch. Ich möchte sogleich das Wort an Chefinspektorin Amann übergeben. Sie leitet die Ermittlungen.“

© G.F. Stöger 2023-01-09

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