WhatsApp-Urlaub

Rotieren. Das könnte ich jetzt auch, währen ich auf mein Handydisplay starre und es stumm anflehe mich nicht im Stich zu lassen. Aber es passiert nichts. Dieser blaue Kringel rotiert einfach weiter als ob es nichts anderes gäbe auf der Welt. Frustriert lege ich das blöde Teil auf den Küchentisch und rühre in der Pfanne, damit nicht noch das Essen anbrennt.

Als ich das nächste Mal auf mein Handy schaue ist tatsächlich etwas passiert. Schwarz, ich sehe schwarz. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich versuche mein Handy durch penetrantes Drücken des Anschalters wiederzubeleben, ohne Erfolg. Der Appetit ist mir vergangen. Dieses blöde Teil ist gerade mal einen Monat alt. Die wenigen Tipps bei Google sind ebenso ohne Erfolg. Also am nächsten Tag in den Laden damit. Sie schicken es ein und solange muss ich mit meinem alten Handy vorlieb nehmen, auf dem kein WhatsApp mehr funktioniert. Ich fühle mich extrem abgeschnitten von der Welt und es regt mich tierisch auf. Ich schreibe eine SMS an die wichtigsten Kontakte, dass ich zur Zeit nur oldschool telefonisch oder per SMS zu erreichen bin. Kennt meine neue Reitbeteiligung denn SMS überhaupt? Sie ist schließlich erst 14 Jahre alt.

Nach ein paar Tagen stellt sich jedoch eine Veränderung ein. Ich fange an die Ruhe zu genießen. Nicht ständig irgendwelche netten Bilder oder (Katzen-)Videos geschickt zu bekommen, die vielleicht lustig sind aber dennoch unnötig. Nicht ständig nichts sagende Statusmeldungen, die zwischen Belanglosigkeit und Melodramatik schwanken. Ich merke, dass ich mir mehr Gedanken mache, was ich schreibe, wenn die Zahl der Zeichen beschränkt ist und wenn man nicht mal eben eine Zwei-Minuten-Sprachnachricht machen kann. Es sind ja nicht nur die Anderen, die ausschweifen. Ich kann das genauso gut. Vielleicht gehe ich den Anderen manchmal damit ebenso auf die Nerven wie sie mir. Nette Anekdoten hin oder her, aber sie werden spätestens nach ein paar Stunden von der nächsten verdrängt. Ich beginne tatsächlich diese WhatsApp-Zwangsdiät zu genießen.

Der Urlaub hält gut eine Woche an. Freitags hole ich mein Handy ab und bin glücklich, dass ich es wieder habe. Manches ist eben doch praktischer mit WhaptsApp. Gut 30 Nachrichten habe ich bekommen in der Zwischenzeit. Das sind weniger als erwartet. Die meisten davon sind unnötig, wie erwartet.

Montagabend sehe ich wieder schwarz. Dienstag bringe ich mein Handy wieder weg. Aber diesmal bekomme ich ein Leihgerät, also ich bin über WhatsApp erreichbar. Dafür habe ich jetzt echten Urlaub und das ist noch besser.