Dumpfes Vibrieren! Wo? Ich suche hektisch nach meinem Handy. Blatt fĂĽr Blatt, Buch fĂĽr Buch wird ungeduldig auf die Seite geschoben. Es hört nicht auf, nach dem Vibrieren ein unterdrĂĽckter Klingelton. Wie eine Mahnung steht er im Raum, weil ich immer noch nicht dieses vermaledeite Handy gefunden habe. Endlich! Neben dem Zierpolster auf der Couch, verdeckt von zerknĂĽllten Seiten, die ich voller Frust vom Schreibtisch eliminiert habe, liegt es in den letzten Zuckungen da. Das Vibrieren und Rumoren hört auf. Ein Blick auf das Display zeigt zwei entgangene Anrufe und vier Nachrichten, eine davon als gewöhnliche SMS und drei auf whatsapp. Ich fluche innerlich, ich fĂĽhle mich momentan einfach gestört und genervt. Oft schon fragte ich mich, was sich Menschen erwarten, die in regelmäßigen Abständen- ob notwendig, sei dahingestellt – Nachrichten in whatsapp schicken. Whastapp Gruppen sind fĂĽr mich der blanke Horror. Leider habe ich zwei davon, aus diesen auszusteigen, wĂĽrden die Administratoren als Affront ansehen. Aber wollte ich in diesen sein? Klar und deutlich NEIN! Ich wurde einverleibt als Gruppenmitglied, um angeblich schneller kommunizieren zu können. Ein Hurra auf den digitalisierten Einbruch in die Privatsphäre. Zu jeder Tages und auch Nachtzeit -nur gut, dass ich konsequent mein Handy abschalte – kommen zu neunzig Prozent unwichtige Messages herein. Der Absender erwartet rege Antwortschreiben und vermeldet später etwas verschnupft, warum man nicht reagiert. Warum auch? Muss es mich wirklich interessieren, was er gestern oder vorgestern gemacht hat, wen er getroffen hat oder welchen Sinnspruch er gerade erhalten hat, der so inhaltlich gehaltvoll ist, dass er oder sie ihn unbedingt weiterleiten muss und dafĂĽr wenigstens einen “Daumen hoch” erwartet.
Blablabla in der Gruppenkommunikation……Smileys, Emoijs und weiteres Unnötiges. Mir platzt schon der Kragen, wenn ich Bilder mit Sprüchen weitergeleitet bekomme. Nicht nur, dass sie in den meisten Fällen ungewollt empfangen sind, nein, sie befüllen meine Speicherkapazität, die ich dann mit langweiligen Löschprozeduren entrümpeln muss. Messages, Nachrichten dienen doch dazu, im Notfall schnell Informationen zu transportieren oder unterliege ich da einem Irrtum. Wenn ich plaudern oder mich austauschen will, rufe ich an und spreche persönlich, lache nicht mit “HAHA” Sticker, sondern mit meiner Stimme, gebe meine Gefühle weiter und sehe mein Vis a Vis vor meinem geistigen Auge.
Ein roter 1 oder 2 oder 3 oder noch mehr springt mir ins Auge, wenn ich das Smartphone öffne. Jedes Mal klappe ich es im Reflex wieder zu, um es kurz danach wieder zu öffnen und doch nachzuschauen, wer geschrieben hat. Irgendwie bin ich ein Sisyphus im Cyberspace, nur, dass ich keinen Stein den Berg hinauf rolle, aber das sinnlose Bestreben drängt sich auf.
© Sonja Runtsch-Dworzak 2022-10-08