Wir schrieben das Jahr 2016 und ich war ein Workaholic wie er im Buche stand. Ich führte ein IT Startup, welches sich im Bereich Medien seinen Namen machte und diverse Rekorde brach. Ich hatte mich aus einem Facebook Netzwerk heraus selbständig gemacht und alles lief wie am Schnürchen. Einzig die Arbeitszeit war exorbitant hoch. Jede Woche keulte ich gute 150+ Stunden. Ich telefonierte mit vielen Investoren, Geschäftsführern, Spekulanten, Politikern, etc., weshalb Freunde von mir sich Sorgen machten und das zu Recht. Sie überredeten mich, mal ein Wochenende auszuspannen, bei Lagerfeuer und Camping an einem See, mit guten Freunden Ruhe und Stille zu tanken, mit leckerem Essen, denn es sollte ein Koch dabei sein. Durch eine innere Eingebung sagte ich zu.
Aber auch hier brach der Manager in mir aus und ich telefonierte rauf und runter, mit Professoren meiner Uni, die ich um Hilfe gebeten hatte, mit neuen Firmen, die mit dabei sein wollten, mit Gott und der Welt. Gegen Abend kam ich dann langsam runter, genoss die Stille am prasselnden Feuer und ließ mir erzählen, was andere so in ihrem Leben durchlebten. Es war schön mit anzusehen, dass die Welt sich drehte, auch wenn ich mal nicht der Workaholic war. Später im Zelt, als ich noch kurz einen Termin absprechen wollte, natürlich per Telefon, passierte es und mein rechter Arm fiel einfach runter. Ich verstand das gar nicht, nahm ihn hoch, er war schwer wie Blei, versuchte ein weiteres Mal zu telefonieren, doch es geschah das Gleiche erneut. Aus Panik rief ich um Hilfe und eine Freundin kam dazu. Ich redete nur noch wirres Zeug, so erzählte sie es mir später, was ich selbst jedoch nicht so wahr nahm. In Rücksprache mit ihrer Mutter kam der Verdacht eines Schlaganfalls(SA) auf. Die anderen luden mich ins Auto und brachten mich ins Krankenhaus. Hier stürmte der Notarzt zu mir an die Trage und bestätigte die Symptome.
Später, nach den ganzen Untersuchungen war es amtlich, ich hatte einen Schlaganfall erlitten, linksseitig, der mein Erinnerungszentrum getroffen hatte. Was das bedeuten sollte, wusste ich damals nicht. Doch die Schatten dessen holten mich. Ich wurde auf eine Stroke Unit(SA Station) verlegt und hier bekam ich richtig Angst. Ich sah die verschiedenen Stadien dieser Krankheit und verlor vieles meiner Sprache. Die Logopädin der Station stellte sich bei mir vor und versprach mir, dass sie das wieder hinbekäme. Einzig die Erinnerungen könnten Schaden genommen haben, so werde ich manche Menschen nicht mehr kennen, manche Erlebnisse vergessen haben und diverse Lebensabschnitte sind ausradiert. Panik ergriff mich, doch es gab kein Weg zurück. Das war nun mein Leben und ist es noch.
Die Folgen des SA haben Narben hinterlassen. Es ist so vieles weg, man kann es sich als Außenstehender kaum vorstellen, wie sich das anfühlt. Noch heute habe ich Sprachstörungen, wenn ich mich aufrege, nervös bin oder unter Stress stehe. Das Leben hat sich seit jenem Tag sehr verändert.
© Mirco von Maydell 2019-09-11