von MissLiz
Ich bin im Jänner 1997 nach Edinburgh gezogen. Ich kann nur sagen, es war ein Kulturschock. Ich hatte mir zwar die Stadt im Sommer davor angeschaut, aber das war Urlaub. Jetzt war das richtige Leben.
Es war zum Verzweifeln, weil es meiner Meinung nach, hier nichts zu essen gab. Im Supermarkt gab es nur das weiße Schnittbrot, das auch nach einem Monat im Kasten, nicht schimmelig war. Kaffee gab es nur in Instant-form; Würstchen waren schweinchenrosa und enthielten nur 30% Fleisch; Fleisch war generell ungenießbar; der beste Fisch wurde direkt vom Hafen nach Spanien verschifft; im Pub gab es nur lauwarmes Bier, von Wein ganz zu schweigen. Und sogar Whisky war fast immer nur als Blend erhältlich oder als Standard-Malt. Ich könnte hier 1000 Dinge aufzählen, die mir abgingen. Meine Mutter musste mir ein paar Mal im Jahr Überlebenspakete schicken, mit geriebenem Kaffee, Topfen bzw. Käse, Dauerwurst und vor allem Brot. Selber backen ging auch nicht, weil es ja kein ‚richtiges‘ Mehl dazu gab. Es gab zwar Bäckereien, aber die verkauften Pies und Bridies, Steak bakes und Würste im Blätterteig oder picksüße Sponge cakes mit künstlichem Schlagobers.
1998 eröffnete ein Bäcker aus Deutschland, Falko, eine Bäckerei mit anschließendem Café hier und verkaufte echtes Brot, frisch aufgebrühten Kaffee und sensationelle Kuchen und Torten. Auch die Preise waren sensationell. Aber das war mir egal. Diesen kleinen Luxus leistete ich mir hin und wieder. Er erzählte mir, dass er sein Mehl importierten musste. Er war so erfolgreich, dass er bald einen Stand am Wochenmarkt und ein zweites Geschäft eröffnet. Konkurrenz hatte er ja keine.
Aber mit der Zeit kam auch die und schöne langsam eröffnete eine Bäckerei nach der anderen, die Artisanbrot verkaufen. Auch die Supermärkte haben nachgezogen und machen teilweise sogar essbares Brot.
Leider ist Falko mittlerer weile aus Edinburgh weggezogen und hat sein Brot mitgenommen.
Ich werde ihm ewig dankbar sein, weil er meine Anfänge bzw. Eingewöhnung hier ein bisschen erträglicher gemacht hat. Und weil er eine Brotrevolution eingeleitet hat und es jetzt an jeder Ecke und in jedem Restaurant gutes Brot und Gebäck gibt. Und echten Kaffee. Aus Bohnen. Gerieben.
Ich hoffe nur, dass sich das jetzt nicht wieder ändert. Und ob Falko wirklich daran schuld ist, dass es hier jetzt was Gescheites zu essen gibt, sei dahingestellt. Ich glaube es jedenfalls.
© MissLiz 2020-01-16