Wie das Schreiben zu mir kam

Andrea Weiss

von Andrea Weiss

Story

Für mich fühlt es sich tatsächlich so an, dass nicht ich angefangen habe zu schreiben, sondern dass das Schreiben zu mir gekommen ist.

Meine Kindheit und Jugend verliefen – abgesehen von dem, was die Schule von einem verlangt – schreibfrei. Aufsätze machten mir kaum Probleme, aber auch keine große Freude. Das damals moderne Tagebuch-Schreiben konnte mich nicht begeistern. Auch während des Studiums schrieb ich nur was notwendig war – die Diplomarbeit laut mündlicher Beurteilung stilistisch sehr erfreulich – und dann war´s das wieder. Die Jobs nach dem Studium fanden im Labor statt, keine Tätigkeit, die für ausführliches Schreiben bekannt ist. Die Baby-Tagbücher unserer Kinder stagnierten nach den ersten wenigen Seiten.

Mitten in meine Grübeleien rund um eine geeignete berufliche Tätigkeit nach der Kinderpause sprach mich völlig überraschend eine damals noch flüchtige Bekannte, heute gute Freundin, auf der Straße an. Sie arbeite in einem medizinischen Fachzeitschriftenverlag, und ob ich nicht als Lektorin einsteigen möchte. Ja klar probiere ich das! Nach kurzer Mitarbeit bat man mich, die Artikel nicht nur zu redigieren, sondern selbst zu verfassen, die folgende Zeit ist wohl am besten mit „learning by doing“ zu beschreiben. Immerhin blieb ich diesem Bereich dann 20 Jahre in unterschiedlichen Verlagen treu – und erstmals machte mir das Schreiben (meistens) wirklich Freude! Aber es waren eben medizinische Fachtexte.

Als ich vor jetzt bald 2 Jahren in Pension ging, gab es sehr vieles, worauf ich mich schon richtig freute. Einer meiner ganz großen Wünsche war, ein Wochenendseminar der GEA-Akademie im Waldviertel zu besuchen – „irgend etwas“ das mich interessierte. Aus dem kurzfristig verfügbaren Angebot traf das am ehesten auf ein Schreibseminar zu … Warum nicht auch einmal etwas nicht-fachliches probieren? Die Tage dort waren sehr inspirierend, Kursleiterin und andere Teilnehmer ausgesprochen nett, das „freie“ Schreiben fiel mir leichter als gedacht. Zurück zuhause widmete ich mich … nein, nicht dem Schreiben, das landete für´s Erste in der sprichwörtlichen Lade.

Und dann kam Corona. Als ich begann die Tragweite zu erfassen, rasten die Gedanken mit einer solchen Geschwindigkeit durch meinen Kopf, dass ich sie notieren musste, um etwas Ordnung hineinzubringen. Genau in diesem Chaos erzählte mir mein Mann von einem Fernsehbericht über eine Schreibplattform – das wäre doch was für mich, meinte er.

Nun ja, als ich die ersten Beiträge auf story.one angesehen hatte, zögerte ich nicht lange. So bin ich nun hier „bei euch“ gelandet und freue mich unheimlich, nicht nur eigene Gedanken in Worte zu fassen, sondern auch unglaublich viele berührende, lustige, interessante und hervorragend geschriebene Geschichten zu lesen und darüber, mich mit euch in Form der Kommentare auszutauschen. Welch schöne Bereicherung meiner Pension!

© Andrea Weiss 2020-05-20

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