Wie ich lernte, mir selber zu trauen

Peter Schwanter

von Peter Schwanter

Story

Gott sei Dank wusste ich damals in ihrem BĂŒro noch nicht, was mir da bevorstand. Ich war auf rasantes und schnelles Umsetzen eingestellt. Mit Warten hatte ich rein gar nichts am Hut. Ich saß schon wieder im Auto, als ich unglĂ€ubig und kopfschĂŒttelnd mit mir selbst zu reden begann: „Was bilden die sich eigentlich ein? Ich fasse den Entschluss mein ganzes Leben zu Ă€ndern, meiner Sauferei abzuschwören. Mach mir vor der Ungewissheit, was auf mich zukommen wird fast in die Hose, und was bekomme ich zu hören: „In sechs bis acht Wochen. FrĂŒhestens!“ Ich war perplex. Die konnten mich doch nicht einfach so auf ihr Wartegleis stellen. Die mussten doch meine Entschlusskraft bemerkt haben. Ich wollte jetzt etwas tun und nicht erst in „sechs bis acht Wochen“. Was hatte Frau Dr. L. gesagt? Es ist sicherlich von Vorteil, dass ich mit dem Trinken schon aufgehört habe. Ich solle versuchen, bis zu meinem Therapieantritt trocken zu bleiben. Falls mir das nicht gelingen sollte, sei das auch kein Beinbruch, aber je frĂŒher ich damit aufhöre, desto besser. Ja hatten die nicht bemerkt, dass ich schon auf den besten Weg war, Abstinenzler zu werden. Und jetzt diese sinnlose Warterei. Ich wollte was tun. Jetzt sofort.

Die Monotonie der Autofahrt begann mich schön langsam zu beruhigen. Ich dachte daran, dass ich in einigen Minuten in Villach meine Frau Gitti treffen werde. Wenn ich der das von der Wartezeit erzĂ€hle, wie wird sie das aufnehmen? Wird sie es als Ausrede abtun? Traut sie mir einen RĂŒckzieher zu? Nein, sie wusste, wie wichtig mir diese Sache mittlerweile war. Aber was war mit mir? Begann ich jetzt schon an meinem Durchhaltevermögen zu zweifeln, so kurz nach der Startlinie. Ich musste mich sammeln. „Ganz langsam lieber Freund“, sagte ich zu mir, „Du hast Jahre lang nichts getan, um vom Alkohol wegzukommen, und jetzt, da die Sache in Angriff genommen ist, spinnst du wegen sechs bis acht Wochen herum? Das kann es doch nicht sein!“

Ich begann zu verstehen, dass der Weg aus der Sucht schon begonnen hatte, und der Startschuss nicht erst mit dem Beziehen des Zimmers im Sonderkrankenhaus fallen wĂŒrde. Ich war gefragt. Das war doch genau das, was ich vor kurzer Zeit von der Ärztin gehört hatte. Es geht nicht darum, einen Eintrittspreis fĂŒr die Therapie zu entrichten, stĂ€ndig Ärzte oder Therapeuten um sich zu haben, damit nur ja nichts passiert. Ich musste beginnen, auf mich selbst zu vertrauen, mich auf meine StĂ€rken zu besinnen, und versuchen, die eben erst eingeschlagene Richtung beizubehalten. Die Wege musste ich selber gehen, aber ich konnte nach der Richtung fragen, falls Gefahr drohte, mich zu verlaufen. Dieses Angebot hatte man mir ja gemacht, aber meinen Arsch zu heben, und einen Fuß vor den anderen zu setzen, damit musste ich jetzt beginnen. Also kein Warten auf die Krankenhausaufnahme.

Jetzt war Therapiebeginn, und ich fing an, mich auf meinem eigenen Weg zu begleiten.

© Peter Schwanter 2020-05-22

Hashtags