von MISERANDVS
“Die haben mir die Scheibe eingehauen!”, brüll‘ ich ins Zimmer, und ich hau‘ die Türe donnernd in das Schloss. Erschrocken fährt Lydia herum und starrt mich an. Sie kennt mich so nicht. Sie weiß nicht, wie es ist, wenn ich brülle. “Was haben sie?”, fragt sie und sieht mich mit großen Augen an. “Die Schweine haben mir die Scheibe eingehauen und meine Tschick gestohlen und acht Euro aus der Ablage. Acht Euro!”, tobe ich und fluche wie ein Rübenbauer. “Acht Euro.”, wiederholt sie, und sie schmunzelt. “Lach bloß nicht!”, schimpfe ich: “Lach ja nicht, Weib!” Sie tritt an mich heran, legt mir die Hände auf die Brust, in der mein Herz so tobt und nach Gemetzel, Blut, Vergeltung hämmert. “Verdammte Schweine!”, grunze ich im Zorn. “Mmmh. Schweine. Ja.”, wiederholt sie, und sie lehnt sich an mich. Ihr Gesicht ist nah an meinem. Sie drückt mich in den Stuhl, hockt sich auf mich und legt die Stirn an meine. “Nein diese Hunde! Hunde!”, schimpfe ich, und bin dabei mit einem Mal ganz leise, weil ihr Gesicht so warm ist und so nah vor mir. “Ja, Pollenkater. Hunde!”, spricht sie, und mir glüh’n die Ohren, weil ihre Stimme voller Ruhe ist und Sinnlichkeit. “Mein Auto!”, wimm’re ich. “Dein Auto, ja, mein Schmuseherz.“, sagt sie und streicht mit ihren Lippen über meine. “Kaputtgemacht, so viel Scherben!”, will ich flennen. “Kaputtgemacht.”, so atmet sie mich an, und legt die warmen Hände an meine Wangen. “Warum? Warum mein Auto? Warum immer ich?”, kling‘ ich erbärmlich, und sie sagt: “Ja, immer du, mein Armer.”, und ich leg‘ die mordbereiten Pranken sanft hin an ihre schönen Hüften. “Mein Auto…”, flüst’re ich, und seh‘ sie an und stelle fest, wie schön sie ist. “Dein Auto.”, spricht sie leis, und sieht mir in die Augen in mein Herz und heißt es an, sich zu beruhigen. “Mein Auto…”, rotz‘ ich, und sie sagt: “Dein Auto, Liebster.” Und da schweige ich.
Als fiele augenblicklich aller Zorn und Wut und das Verlangen ab, die Welt in einem Blutgemetzel hinzustrecken, scheint mir nicht wichtig mehr. Ich schließ die Augen, und ich rieche ihren Duft, wie er mich einhüllt, wie er mich umfängt und meine Sinne so betört. “Mein Auto.”, hauche ich. “Dein Auto.”, wiederholt sie, und dann küsst sie mich. Ich werd‘ geküsst, als wär ich nie geküsst zuvor, so sanft, so lind, so sommerwarm , so voller Liebe, Sanftheit, Zärtlichkeit. Und Odin wird zu Schmidtchen Schleicher, und seine Knie werden weich.
“Ich liebe Dich!”, sag‘ ich in ihre Küsse, weil du mich sanft machst. Weil du mein Herz beruhigst. Ich bin ein bess’rer Mensch an deiner Seite, weißt du das? Dass ich dich liebe? Weißt du das?“ Sie blickt mich lange an. “Du liebst mich?”, fragt sie leise, und sie lächelt. “Ich liebe dich.”, sag ich. “Du liebst mich, also?”, will sie wissen. “Ich liebe dich!”, beschwöre ich. “So? Liebst du mich?”, fragt sie, und ich spring‘ auf und heb‘ sie hoch und brüll‘ aus vollem Herzen:“Ich liebe dich!“ Da lächelt sie. “Du liebst mich. Ist das schön!”
Sie weiß es. Und ich bin sanft. Durch sie. Die Welt darf weiter sein.
© MISERANDVS 2021-03-05