Wie soll man das bloß aushalten?

Isi Dora

von Isi Dora

Story

Gerade arbeite ich an einer Geschichte, über das Gute des Jahres 2020 – immer nach vorne, positiv bleiben etc.

Doch selbst wenn es schon so schmerzhaft ist, mit dem kaum mehr beweglichen, nicht mehr sprechenden am Gehirntumor erkrankten Papa, kommt es noch schlimmer. Und ganz ehrlich, wie soll ich da noch irgendwie “Weihnachten feiern“? Unsere psychisch kranke Mama wurde vor einer Woche mit Schwäche ins KH eingeliefert. Sie konnte nicht mehr Aufstehen. Verdacht auf Schlaganfall stand im Raum. Der war bald ausgeschlossen. Mama hat kein Handy, sie kann von ihrer Mobilität her und mit ihren geschwollenen Fingern die Tasten nicht selber bedienen. Wir konnten nun tagelang nicht mir ihr telefonieren, da aufgrund der Covid-Bestimmungen das Stationstelefon im KH nicht zu ihr gebracht werden durfte. Am ersten Tag: Die ersten beiden Corona-Tests liefen negativ. Aufatmen. Ein Schatten auf der Lunge wurde gesichtet. Am nächsten Tag wurde sie verlegt. Da hieß es, Lunge ok. Sie suchen weiter nach der Ursache ihrer Schwäche. Am dritten Tag, neuer Arzt, neue Station. Sie hatte eine Lungenentzündung, die scheinbar am Abklingen ist. Sie wissen noch immer nicht genau, warum sie so schwach ist, sie bleibt noch ein paar Tage zur Beobachtung. Am Freitag heißt es, sie wird voraussichtlich am Montag entlassen. Sie ist zwar noch immer zu schwach, um alleine aufzustehen, aber am Montag schauen sie weiter.

Sonntag am Abend bekommt sie plötzlich Fieber. Neuerlicher PCR-Test – der ist plötzlich positiv. Meine jüngere Schwester konnte ihr mittlerweile ein Handy bringen, damit sie mit der Hilfe von PflegerInnen wenigstens kurz mit uns sprechen kann. Das konnte ich heute nach einer Woche endlich! Sie hören, ihr erklären, warum wir sie nicht besuchen dürfen und dass wir an sie denken. Ich kämpfe mit den Tränen. Aber ich will tapfer sein, sie aufbauen und ihr Hoffnung geben, dass sie bald wieder daheim sein wird, nur halt zu Weihnachten nicht. Dass wir uns bald wieder sehen, nur derweil nicht kommen dürfen. Sie klingt gar nicht so schlecht, etwas schwach vielleicht doch deprimiert? “Danke für euer schönes Foto und die Karte und das Weihnachtsgeschenk” sagt sie. Ich erinnere sie, dass sie viel darin malen soll – Mandala-Malbücher und Buntstifte hab ich neben einem Kuschelbären und der von uns selbst gebastelten Weihnachtskarte ins KH gebracht. Damit sie ihrem liebsten Hobby nachgehen kann und weiß, dass wir da sind.

Da überlegen wir seit Wochen völlig umsonst, wie wir den Weihnachtsbesuch mit/bei unserer Mama am besten organisieren. Können Papa nicht mal sagen, was los ist? Ich wünschte mir wirklich, dass er wieder da stünde und er UNS informiert, mit seiner kühlen Sachlichkeit. “Du Kotz, die Mama hot Corona. Im Krankenhaus is sie eh guat aufghoben. Mehr kaonn ma eh net tuan.” In dem Sinne will ich versuchen, weiter darauf zu vertrauen, dass Gott schon weiß, was er tut.

Alles ist gut.

Einatmen.

Ausatmen.

Weitergehen.

Photo by Kelli McClintock on Unsplash

© Isi Dora 2020-12-21

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