Erst neulich interessierte mich das Thema: „Wie stirbt man standesgemäß?“ Jeder Mensch weiß um die Endlichkeit des Lebens und dass das Abtreten manchmal ziemlich schwerfällt. Trotzdem spielt in diesem Zusammenhang auch Humor eine ganz wichtige Rolle. Als ehemalige Beamtin im Schuldienst entschlafe ich hoffentlich am Ende meines Lebens sehr sanft, ein leichtes Unterfangen im Bett – und schon bin ich im Reich der Seligen. Ein Wunsch, der hoffentlich in Erfüllung geht. Im Park stutzt gerade der Gärtner die Sträucher und Bäume und abschließend mäht er die großen Rasenflächen. Vermutlich wird er am Ende seines irdischen Daseins ins Gras beißen.
Bei der Fassade des Jugendstilhauses macht sich ein Maurer an den vielen Rissen zu schaffen, wenn die Zeit gekommen ist, dann springt er vermutlich von der Schippe. Das Küchenfenster im Erdgeschoss eines Restaurants zeigt eine begnadete Köchin, die gerade mit ihrem Kochlöffel ihre wunderbar duftende Schwammerlsoße probiert und anschließend noch mit Kräutern verfeinert, sie wird nach einem genussreichen Leben den Löffel abgeben.
Eine Putzfee macht sich am späten Abend auf den Weg ins Einkaufszentrum, um die einzelnen Abteilungen von Staub und Schmutz zu befreien, sicherlich kehrt sie nach ihrer Todesstunde nie wieder. Manchmal muss man in brenzligen Situationen einen Anwalt bemühen, denn in schwierigen Situationen braucht der Mensch eine kompetente Beratung und auch Verteidigung. Der Rechtsanwalt wird höchstwahrscheinlich nach seinem Tod vor dem Jüngsten Gericht stehen. Nach einem anstrengenden Arbeitstag tun klassische Musik dem Körper und der Seele gut. Wenn ein begnadeter Tenor dann als Tamino „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ von Mozart zum Besten gibt, fühlt man sich als Frau verstanden. Ist allerdings sein letzter Ton verklungen, dann hört der Tenor vermutlich die Englein singen. Nach dem wunderbaren Musikgenuss eilt eine Frau in die Küche, um Karotten, Kohlrabi, Paprika, Gurken, Tomaten und Jungzwiebeln im Gemüsefach des Kühlschrankes zu verstauen, denn am nächsten Tag will die Ehefrau aus diesen Zutaten ein „gesundes Abendessen“ zaubern. Der Gemüsehändler allerdings hat den Tag nicht überlebt und besichtigt jetzt die Radieschen von unten.
Morgen steht für einen Angsthasen ein Zahnarztbesuch auf dem Programm. Mit verzerrtem Gesicht lässt er die fürchterliche Prozedur über sich ergehen. Ganz plötzlich kippt der Mann im weißen Kittel von seinem Stuhl und hinterlässt eine irreparable Lücke.
Nach diesem Erlebnis gibt es die Möglichkeit für Überlebende, eine Zugreise zu planen, um die Sorgen an den Hut zu stecken und sich an den vorbeiziehenden Bildern zu erfreuen. Plötzlich ein lauter Knall und der Zug bleibt nach viel Gequietsche stehen. Eine Durchsage erschreckt die Fahrgäste fast zu Tode: „Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass der Schaffner nach einem Sturz in den letzten Zügen liegt! Bitte haben Sie Geduld, die Lebensreise geht trotz vieler Hindernisse bis zum Tod munter weiter!“
© Christine Büttner 2024-04-05