von Ulrike Sammer
In ein paar Tagen ist Ostern. In jedem Supermarkt gibt es passende Süßigkeiten in rauen Mengen und manche Kinder werden von ihren Verwandten so viel Schokoladeneier und Hasen bekommen, dass ihnen speiübel sein wird.
In mir kommen Bilder weit vergangener Tage hoch…
Süßigkeiten waren etwas wirklich Seltenes und bereiteten noch große Freude. In der ersten Zeit nach dem Krieg wurden noch kaum Zuckerln produziert, aber da ich es nicht anders kannte, ging mir auch nichts ab. Manchmal bekam ich einen Löffel Marmelade oder Honig. Ich leckte es mit Andacht und kann mich deshalb noch sehr genau an den Geschmack erinnern. (Zum Unterschied zu manchen heutigen Kindern, die sich achtlos den Mund voll stopfen).
Öfters legte ich ein Stück Würfelzucker auf einen Löffel und tropfte Zitronensaft darauf. Das war ein wunderbares Zitronenzuckerl. Oder ich hielt einen Würfelzucker halb in mein Frühstücksgetränk bis er die Flüssigkeit aufgesogen hatte. Ich spüre noch jetzt das geliebte Knirschen des Zuckers zwischen den Zähnen. Später (sogar als Erwachsene) machte ich mir auf diese Art Kaffeezuckerln.
Meine Großmutter lagerte uralte Marmelade in verstaubten Gläsern auf dem Schrank. Das Zellophanpapier, das sie mit dünnem, herum gewickelten Spagatschnüren verschlossen hatte, war weit eingezogen. Die fast schwarze, undefinierbare Marmelade war zwar nicht schimmelig, aber total zusammen geschrumpft. Diese schwer einer Geschmacksrichtung zuordenbare Marmelade war eine Köstlichkeit. Sie war so fest, dass man sie in ganz kleine Würfelchen zerschneiden konnte. Ich lutschte sie ganz langsam, denn sie waren meine gesunden Zuckerln.
Etwas Besonderes war mein Kakaoeis. Ich füllte den Kakao, den meine Mutter gekocht hatte, in das Eiswürfelgefäss und gab es ins Gefrierfach des Kühlschrankes. Nach einiger Zeit war der Kakao ganz hart und man konnte die Kristalle sehen, allerdings musste man mit dem Messer mühsam Stücke heraus „operieren“, sonst konnte man sie nicht schlecken. Diese Eisstücke taten auf den Zähnen richtig weh.
Einige Zeit danach gab es gefüllte Hellerzuckerln und auch gemischte saure Drops. Ich lutschte diese ganz harten Zuckerln so heftig bis ich einen ganz rauen Gaumen hatte.
Nun kamen Rollen aus weißem Papier auf den Markt. Sie enthielten halbweiche, runde Scheiben, die so groß wie Hostien bei der katholischen Messe waren. Ich entwickelte eine wahre Freude am „Messe spielen“ und verabreichte mir selbst die „Pfefferminz-Hostien“.
Meine nächsten Erinnerungen betreffen die kleinen blauen und grünen Bensdorp-Schokoladen. Die blauen waren für die Milchschokolade und die grünen für jene mit Nuss. Alle Kinder in meiner Volksschulklasse liebten sie. Es gab Gerüchte, dass man die Papierschleifen sammeln soll, denn wenn man eine bestimmte Anzahl (an die ich mich nicht mehr erinnern kann) in die Fabrik einschickt, bekommt man irgendwas geschenkt. Ob das stimmte, hat aber keine meiner Freundinnen jemals nachgeprüft.
© Ulrike Sammer 2020-04-06