Wieder in der Kletterhalle u. ein Lawinenkurs

Josef-Paul Ecker

von Josef-Paul Ecker

Story

Nach sechs Tagen Krankenhausaufenthalt holte mich Sylvia, meine jüngere Tochter ab. Bei der Heimfahrt meinte sie halb im Scherz, dass es nicht zu meiner Gewohnheit werden sollte, alle 2 bis 3 Jahre einen schweren Sportunfall zu bauen. Das würden sie und besonders meine Frau auf Dauer nicht verkraften. Ich versprach, mein Glück nicht noch einmal herauszufordern. Es kam auch nicht mehr vor.
Sechs Wochen dauerte mein Krankenstand, länger als ich geglaubt hatte. Eine richtige Geduldsprobe bei meinem sonst gewohnten Bewegungsdrang. Es folgten noch 2 Monate Physiotherapie, dann war ich einigermaßen wieder hergestellt und fast wieder der alte.

Im darauffolgenden Dezember fühlte ich mich körperlich und emotional in der Lage, es wieder in der Kletterhalle zu versuchen. Mit Claudia, meiner älteren Tochter, die inzwischen auch mit dem Klettern begonnen hatte. Ich wusste, wenn ich mein Absturz-Trauma überwinden wollte, musste ich so schnell wie möglich wieder klettern. Bei der ersten Route, eh nur Schwierigkeit 3 oder 4, klebte ich wie ein Gecko an der Wand, die Angst im Nacken. Nach einigen Routen ging es wieder so halbwegs, aber immer noch sehr, sehr vorsichtig. Es brauchte einige Besuche in der Kletterhalle um die Angst zu überwinden. Dann schaffte ich sogar wieder 6er-Routen.
In diesem Winter war ich auch wieder mit den Tourenschiern in den Bergen unterwegs und überlegte dabei, ob es nicht sinnvoll wäre, einen Lawinenkurs zu machen. Der Kletterunfall hatte mir sehr zu denken gegeben, ich wollte deshalb in Zukunft viel vorsichtiger sein. Eine Lawinen-Ausrüstung mit Piepser, Sonde und Schaufel hatte ich mir schon gekauft, aber ich hielt es für wichtig, den richtigen Umgang damit in einem Kurs zu lernen.
Im Internet fand ich einen 2-tägigen Kurs bei einem erfahrenen Bergführer in Johnsbach im Gesäuse und machte ihn gemeinsam mit meiner jüngeren Tochter, die vor 2 Jahren auch mit Schi-Touren angefangen hatte.
Dieser Lawinenkurs war für uns beide sehr interessant und lehrreich. Der Bergführer hatte schon jahrelange Erfahrung und war auch in der steirischen Lawinen-Kommission tätig. Draußen im Gelände übten wir wieder und wieder den richtigen Umgang mit dem Piepser, der Sonde und der Lawinen-Schaufel. Am zweiten Tag machten wir eine schöne Schi-Tour mit praktischen Übungen auf den Leobner in den Eisenerzer Alpen.
Am Ende des Kurses kam ich mit dem Bergführer ins Gespräch übers Klettern und meinem Kletterunfall vom Vorjahr. Es stellte sich heraus, dass er auch bei der Bergrettung war, sogar von meinem Unfall wusste, aber natürlich nicht, dass ich der Abgestürzte bin. Bei meiner Rettung war er aber gerade im Himalaya auf einem Siebentausender. Er wusste sogar, in welche Route ich mich verstiegen hatte. „Simsalabim“ hieß sie. Über diesen Routen-Namen konnte ich im Nachhinein sogar schon lachen. Simsalabim und weg war er. Ein bisschen Galgenhumor schadet ja nicht.
Eigentlich wollte ich diesen (verdammten) Berg nie wieder sehen, überlegte aber, ob es mir zur kompletten Überwindung meines Traumas nicht helfen würde, dort noch einmal zu klettern. Der Bergführer bot sich an, mit mir den Südgrat im kommenden Sommer zu klettern, und so verabredeten wir uns, das auch zu tun.

© Josef-Paul Ecker 2025-02-16

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Herausfordernd, Emotional