Wieder zurück – Teil 3

Luca Körnich

von Luca Körnich

Story

Am Sonntagabend begleiten mich meine Eltern zum Bahnhof. Mein Vater zieht meinen Koffer und meine Mutter hat mir meinen Rucksack abgenommen. Am Bahngleis setzen wir uns auf die kalten Stühle. Der Zug hat Verspätung. 20 Minuten. „Und, was steht für nächste Woche an?“, fragt mein Vater von der Seite. Ich zucke die Schultern. „Nicht viel. Uni.“ Er nickt. Ansonsten reden wir nicht viel. Als der Zug schließlich kommt, werde ich in die Arme geschlossen. „Mach’s gut“, sagt meine Mutter. „Und meld dich, wenn du angekommen bist.“ „Mach ich.“ Darauf verschwinde ich durch eine der automatisch aufgehenden Türen. Kurz winke ich meinen Eltern noch zu und suche mir dann einen Platz. Erst ganz hinten im Abteil finde ich einen, der noch frei ist. Ich verstaue mein Gepäck, setze mich und überlege, womit ich die Zeit überbrücken soll. Kann ja was für die Uni lesen, beschließe ich und hole meinen Laptop hervor. Merke jedoch schnell, dass das keinen Sinn macht. Komme nicht mal über den ersten Absatz hinweg. Bin zu unruhig. Klappe den Laptop also wieder zu und ziehe stattdessen meine Kopfhörer aus der Tasche. Aber was hören? Habe auf nichts so wirklich Lust. So sitze ich die gesamte Zugfahrt einfach nur da. Mit den Kopfhörern im Ohr, ohne dass Musik läuft.

Als wir endlich in den Bahnhof einfahren, beeile ich mich mit meinem Koffer als Erste bei der Tür zu sein. Während ich aussteige, spüre ich ganz deutlich, wie meine schlechte Laune zunimmt. Sie wird auch nicht besser, als ich die um diese Uhrzeit kaum belebte Innenstadt hinter mir lasse oder an der grell erleuchteten Pizzeria mit Neonschild vorbeikomme, die mir und meiner WG abends schon oft das Kochen erspart hat. Der Weg ist nicht weit und so stehe ich nur wenige Minuten später vor dem großen Mehrfamilienhaus, in welchem unsere Wohnung liegt. Irgendwie kann ich noch nicht sofort hineingehen. Daher stelle ich meinen Koffer ab, setze mich auf die Bordsteinkante und betrachte den dunklen Himmel über mir. Es sind kaum Sterne zu sehen. Nur Wolken, die sehr schnell über mich hinwegziehen. Da fällt mir ein, was meine Mutter gesagt hat. „Bin angekommen“, tippe ich die Nachricht. Ich sperre den Bildschirm, öffne ihn aber gleich wieder. „Hab euch lieb“, füge ich der Nachricht hinzu. Kurz sehe ich noch ein wenig abwesend auf meine Schuhe und stehe dann auf. Krame den Schlüssel heraus, schließe auf und schalte das brummende Flurlicht an. Es ist schon seltsam, denke ich, während ich durchs stille Treppenhaus gehe, dass ich mich jetzt, wo ich wieder zurück bin, wieder nur wie ein Besucher fühle.

© Luca Körnich 2022-07-30

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