Wiedersehen nach 20 Jahren Funkstille

Sonja Skok

von Sonja Skok

Story


Zwanzig Jahre später. Ich erhalte eine SMS von Markus mit der Nachricht, dass er sich auf dem Rückweg aus Thailand befindet und mit dem Flugzeug in München landet, so dass wir uns treffen könnten. Mein Herz rast, ich werde innerlich unruhig und nervös und kann kaum atmen. Wie kann es sein, dass mein Körper nach so langer Zeit Funkstille so reagiert? Mir ist heiß und kalt gleichzeitig und mein Herz sagt mir ganz Klar ohne jeden Zweifel: Ja, ich will ihn treffen und alles über ihn erfahren! Gleichzeitig macht sich eine große Unsicherheit in mir breit. Wie soll ich mich verhalten? Auch den Schmerz darüber, dass er sich nach unserer gemeinsamen Nacht in Köln nie wieder gemeldet hat, kann ich jetzt deutlich spüren. Es ist beides gleichzeitig da: Freude und Schmerz.

Wir trafen uns im Undosa am Starnberger See. Es war so, als hätten wir uns gestern das letzte Mal getroffen, als gäbe es keine Zeit. Die starken Liebesgefühle für Markus waren sofort wieder da. Zum ersten Mal sprachen wir offen miteinander. Dabei fanden wir heraus, dass wir im Grunde immer das Gleiche wollten: nämlich dass der Andere sich meldet. Beide waren wir zu schüchtern und unsicher gewesen, unsere Gefühle auszudrücken. Wir hatten Angst vor Ablehnung und Schmerz. Ich erfuhr, dass ich damals während der Formationszeit verletzende Dinge zu ihm gesagt hatte, an die ich mich nicht mehr erinnern konnte. Das war mir so nicht bewusst gewesen. Nach vier Stunden reden wusste ich dann endlich, dass auch er mich sehr mochte und es uns beiden immer ähnlich erging. Wir entschieden gemeinsam, ab jetzt Freunde zu sein. Das machte mich sehr glücklich. Ich wollte nicht mehr spielen und ab jetzt echt und authentisch sein. 

Ein paar Monate später organisierte ich ein Treffen mit Markus zu Viert im Restaurant, gemeinsam mit einer Freundin von mir und einem Freund von ihm, die sich gegenseitig nicht kannten. Ich wollte ihn einmal unkompliziert in einer Gruppe treffen und in dieser Konstellation besser kennenlernen. Für diesen Abend hatte ich mir vorgenommen echt zu sein und meine Wahrheit zu sprechen. Doch an diesem Abend war dies für mich nahezu unmöglich. Aber ich begann damit, das Spiel zwischen uns beiden zu beobachten. Markus war an diesem Abend ein unglaublicher Geschichtenerzähler und übernahm damit die Rolle, die ich sonst gern einnehme. Ich erfuhr viel von seinen Frauengeschichten und besonderen Reiseerlebnissen. Während ich zuhörte, konnte ich mich durch ihn plötzlich Selbst sehen. Das war Ich! Mich durchfuhr ein Geistesblitz: Er ist sicher genauso wie ich eine Siebener-Persönlichkeit im spirituellen Enneagramm. So war es dann auch!

Das Ergebnis bestätigte mir unsere besondere Verbindung. Ich kann fühlen, wie er fühlt, genau nachempfinden, was er durchmacht. Gleichzeitig triggert er mich besonders intensiv mit meinen inneren noch ungelösten Themen. Meine äußere Realität ist ja ein Spiegelbild meiner inneren Gedanken, Gefühle und Überzeugungen. An diesem Abend zeigte er mir meine innere Wunde: nicht gesehen zu werden so wie ich bin und die Angst vor Ablehnung. Ich erkannte, dass diese in mir existiert und geheilt werden möchte. 

© Sonja Skok 2024-03-01

Genres
Romane & Erzählungen, Spiritualität
Stimmung
Emotional, Informativ, Inspirierend