von Flonie
Liebes Corona!
Ich glaube bei meinem dritten Brief an Sie kann ich mir erlauben, vom förmlichen „Sehr geehrtes Corona!“ zu einer vertrauteren Anrede zu wechseln.
Der Sommer ist am Höhepunkt und ich frage Sie nun unverblümt: Wann reisen Sie endlich ab? Ja, ich weiß Österreich ist ein sehr schönes Land. Dank Ihrer Hilfe und der Unsicherheiten oder Verunsicherheiten habe auch ich mich selbst für eine Tour im Salzkammergut entschieden. Im Juni konnte ich Hallstatt im Kreise von vielen Österreichern und Österreicherinnen erleben sowie St. Wolfgang als auch Bad Aussee besuchen. Ich frage mich: Warum bin ich nicht schon vor Ihrer Ankunft in meiner Heimat auf Urlaub gefahren? Ich habe auch eine Antwort: Ein Aufenthalt in Österreich ist teuer. Ich habe meine Reiserrechnung neu überdacht und berechnet. Einen Flug nach Irgendwo habe ich zum Hotelbudget gelegt, der Benzinpreis ist derzeit verträglich und das eigene Auto bietet Flexibilität. Die Ausgaben haben sich in den Waagschalen ausgeglichen. Meine Empfindung Österreich sei mir zu teuer ist gemildert.
Letzte Woche bin ich von einem zehntätigen Aufenthalt aus Litschau, der nördlichsten Stadt Österreichs, Heim gekehrt. Es war für mich als Wienerin undenkbar in Niederösterreich Urlaub zu machen. Mein vorrangiger Grund dieses Aufenthaltes war der Besuch eines Theaterfestivals am Herrensee. Es war fantastisch organisiert. Sie, mein liebes Corona, konnten die Veranstalter nicht beeindrucken ebenso die TeilnehmerInnen nicht. Natürlich wurden Sie auch nicht ignoriert. Meine Ausflüge und Besichtigungen präsentierten das Waldviertel, wie eine Tafel mit Köstlichkeiten aller Art. Ich habe das Waldviertel unterschätzt. Ich habe auf meinen Vor-Corona Reisen viele ferne Länder und fremde Kulturen kennen gelernt und jene, die mir so nah sind, die ich besser verstehe und begreife, vernachlässigt. Ein Fehler? Es kann kein Fehler sein, zu entdecken und zu lernen. An dieser Stelle müsste ich mich fast bedanken, für all die Einschränkungen, die Sie verursacht haben. Ich tue es aber nicht. Dankbarkeit haben Sie sich nicht verdient, denn das wäre ein Hohn für die vielen Toten, die auf Ihr Konto gehen.
Um vom Urlaub wieder in den Alltag zu wechseln, möchte ich Ihnen über die Maskenpflicht noch einige Gedanken erzählen. An den Lappen im Gesicht gewöhne ich mich mäßig. Im Büro ist die Stoffmaske für mich keine Option. Das Visier, wie eine Brille, zu tragen, ist für mich die beste Alternative und ob der Nutzen groß ist … ich weiß es nicht. Ich muss Ihnen im Vertrauen verraten, dass ich mich ängstige durch das Tragen der Maske abstehende Ohren zu bekommen. In den öffentlichen Verkehrsmitteln muss ich oft, durch den Gummi weg gedrückte Ohren beobachten. Ich möchte definitiv nicht so aussehen wie … Sie wissen wen ich meine, diesen jungen Politiker.
Ich verabschiede mich wieder von Ihnen in der Hoffnung, es ist mein letzter Brief vor Ihrem Abzug, Auszug oder Umzug.
Mit notwenigem Abstand
ICH
© Flonie 2020-08-23