von MISERANDVS
Wienwoche. Lange ist’s her. Alle stürmen aus dem Bus. Landeier, die Kinder von Landeiern sind, und in die große Metropole gekarrt wurden. Das ist ein „Hallo!“ ringsum, und große Augen blicken neugierig auf die hohen Häuser. Der Busfahrer zerrt die Taschen aus dem Bauch des Diesel-Monsters und schmeißt sie auf den Gehsteig. Wien! Ja, das wird ein Erlebnis. Die durchwachten Nächte, Gitarre spielen, Knutschen, und irgendwas Kulturelles bestimmt auch zum Abkühlen der pubertierenden Gemüter. Wien! Gibt es etws schöneres als …
“Aus’m Weg do!”, brüllt plötzlich eine raue Männerstimme in die Gruppe. Und es nähert sich ein Eingeborener mit Hut und Stock und gichtigem Hund an der Leine. Sein missmutiger Blick fällt auf das Kennzeichen am Bus. Und er ergänzt sein Begehr nach freier Passage mit: “Es scheiß Steirer! Bleibt’s daham, auf’n Misthaufen ummananderkräun! Ich wosch eich olle nieder!”, und er schwenkt den Stock über seinem Kopf bedrohlich im Kreis.
Die Menge teilt sich, und der raunzende Alte keift sich durch das Volk, den röchelnden Hund im Schlepptau.
“Überall hin! Nur nicht nach Wien!”, beschließe ich damals. Und wie die meisten Steirer, die das von sich geben, lande ich dann doch genau dort und lebe nun schon 22 Jahre hier in diesem verhassten Moloch, der alles frisst. Hoffnungen, Träume, Seelen, die Liebe … sogar Steirer gelegentlich, wie man hört.
“Wegen der Arbeit und der Liebe.”, antworte ich, wenn ich gefragt werde, wieso ich in Wien gelandet bin. Und dann vermisse ich die Liebe ein wenig wehmütig. Ja, aber warum ich dann geblieben sei, werde ich gelegentlich gefragt. “Wegen meiner Berufung natürlich: Als steirischer Kultur-Attaché. Um die Frohe Botschaft von Märzenbier und Kernöl unters missmutige Pack zu tragen!“
Und überhaupt: Aufgeben ist keine Option. Weil: Steirerblut is ka Nudelsuppen!
© MISERANDVS 2021-03-03