Wiener Börse

Christian Mayerhofer

von Christian Mayerhofer

Story

Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft.

Wilhelm von Humboldt (Philosoph)

„Die Funktion der Wiener Börse war über die Jahrhunderte (gegründet 1771 unter Kaiserin Maria Theresia; Anm.) hinweg einem bedeutenden Wandel unterworfen. Nach den Anfängen als Institution zur staatlichen Kapitalaufbringung, wo die Finanzierung der hohen Staatsausgaben für Zwecke der Repräsentation und auch Kriege die wesentliche Rolle spielte, folgte Mitte des 19. Jahrhunderts die Zeit des Gründerbooms, die unzählige Gesellschaften an die Wiener Börse brachte. Aber auch schwierige Zeiten, wie der Wiener Börsenkrach im Mai 1873, mussten bewältigt werden.“*

Von März 1877 bis 1998 befand sich die Wiener Börse am Schottenring in dem von Theophil von Hansen und Carl Tietz entworfenen Gebäude. 1998 übersiedelte die Börse in das Palais Caprera-Geymueller in der Strauchgasse (Ecke Wallner Straße). Für wenige Jahre vor dem Umzug auf den Schottenring war die Börse dort schon einmal untergebracht. Damals befand sich ebendort auch die kaiserliche & königliche österreichisch-ungarische Nationalbank (gegründet 1816), welche selbst die erste Aktiengesellschaft gewesen war, die an der Wiener Börse notierte. Seit November 1999 erfolgt der Handel mit Wertpapieren über das vollelektronische System Xetra, welches von der Deutschen Börse übernommen wurde.

„Der ATX hat nach dem verlängerten Oster-Wochenende einen guten Start erwischt und am Dienstag zugelegt. Bei einem Schlussstand von 3.232,36 Punkten zum Redaktionsschluss kommt der österreichische Leitindex in diesem Jahr bisher auf ein Plus von 3 %. Damit steht er zwar wieder deutlich besser da als am 24. März beim bisherigen Jahresschlusskurs-Tief von 3.024,58 Zählen. Von dem zwischenzeitlich erlittenen deutlichen Rückschlag im Zuge der jüngsten Bankenkrise hat sich der ATX aber längst noch nicht wieder erholt. Das bestätigt die Tatsache, dass noch am 8. März das Jahresschlusskurs-Hoch 3.557,01 Zähler betrug. Wir halten es jedenfalls absolut betrachtet für völlig unbefriedigend, dass der ATX mit einem seitdem erlittenen Verlust von fast 4 % aktuell tiefer notiert als vor fünf Jahren. Ein Blick auf die Bewertung zeigt aber, dass es momentan kaum eine andere Börse in Europa gibt, die etwa gemessen am KGV noch günstiger bewertet ist.“ (Austria Börsenbrief, 12. April 2023)

Das Geschäft an der Wiener Börse wird wesentlich von internationalen Investoren getragen. Wegen der Nähe zu Osteuropa gilt diese Börse allgemein als Ostbörse. Die politische Neubewertung Russlands nach dessen Angriff auf die Ukraine im März 2022 hat der Wiener Börse einiges an geschäftlicher Fantasie genommen: Doch die Karawane zieht immer von Oase zu Oase, und es kommt sicher wieder die Zeit, in der die Wiener Börse wieder als eine der schönsten Oasen wahrgenommen wird. Bleibt nur zu hoffen, dass diese nicht als Fata Morgana gesehen wird …

Quelle: *Die Geschichte der Wiener Börse, Johann Schmit, 2003, Bibliophile Edition

© Christian Mayerhofer 2024-01-08

Genres
Romane & Erzählungen