Wiener Lust im Lupanar

Helga M. Stadler

von Helga M. Stadler

Story

Mit dem frivol-witzigen Spruch „Was hat eine weiße Maus und eine fesche, schwarze Katz´ gemeinsam? Sie regeln den Verkehr“, werden wir zur Wiener Stadtführung der etwas anderen Art augenzwinkernd begrüßt und wissen gleich, „was Sache ist, Schätzchen“!

In Ermangelung an Touristen-Horden und asiatischen Zwei-Wochen-Globetrottern anno 2020, bieten geführte Themen-Spaziergänge durch alle Wiener Grätzel eine nette und informative Alternative – nämlich für Einheimische und Zuagraste. Es ist ein schwüler Tag, als wir uns direkt vor der Michaelakirche in der Innenstadt einfinden, und auch in den nächsten Stunden werden wir des Öfteren ins Schwitzen kommen.

„Auf den Wegen der Lust im Alten Wien“, ein erotischer Spaziergang durch die Innenstadt, wird unsere 20-köpfige, gemischte Truppe an die Schauplätze der Prostitution im Laufe der Jahrhunderte führen und einen lustvoll-kritischen Einblick in die gesamte Sittengeschichte der Wiener geben. Wir befinden uns in bester Gesellschaft, eine witzige Gruppe aus Landsmännern, zwei Bayern und wir, zwei hiesige Madl. Zur Vervollständigung halber, ich ließ mich nur zur Tour überreden, um euch, brühwarm, jenen Teil des Geschichts- und Lateinunterrichts näherbringen zu können, der uns während der Schulzeit (vorsichtshalber) vorenthalten wurde.

Als Einstieg ins anrüchige Thema werden wir – vom weiblichen Guide – im Schnelldurchlauf über die wichtigsten Höhepunkte der Lebensgeschichte der Romanfigur Josefine Mutzenbacher, die wohl berühmteste Wiener Dirne in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, aufgeklärt.

Das Literatencafé Griensteidl war vor 100 Jahren der Entstehungsort ihrer „Memoiren“, die bis heute zu den Bestsellern der erotischen Literatur zählen. Verfasst wurden sie von Autor Felix Salten (unter Pseudonym), dem Schöpfer der Tiergeschichte „Bambi“, was einer gewissen Pikanterie nicht entbehrt.

Aber beginnen wir am Anfang, als Wien noch Vindobona hieß und eine Legion mit 6.000 römischen Soldaten (1. bis 5. Jhdt. nach Chr.) beherbergte. Dass die alten Römer gerne lustwandelten und mit „Panem et Circenses“ bei Laune gehalten wurden, ist bestens bekannt. Dafür sorgte auch eine Vielzahl an Weinstuben, die nicht nur Wein anboten.

Das erste, geschichtlich verbürgte Bordell lag am heutigen Michaelerplatz und nannte sich „Lupanar“ (von Lupa, die Wölfin). Als früh-antike Marketing-Genies hatte jede Stube sein eigenes USP, als Art „Speise- und Menükarte“ draußen gut sichtbar angebracht, um die Kunden – ausnahmslos Männer – schon vorab über die Spezialitäten des Hauses zu informieren.

Da Kaiser Tiberius, wohl ne echte Spaßbremse, über das Lotterleben seiner Soldaten nicht erfreut war, verbot er Münzen als offizielles Zahlungsmittel – sie trugen sein Konterfei – und so erfand man eigene „Bordellmünzen“ als Ersatz. Übrigens, im gesamten Römischen Reich!

Die spinnen, die Römer … und waren sehr erfinderisch in Sachen Lust- und Liebesdingen! >>

© Helga M. Stadler 2020-09-08

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