Wiener Schnitzel mit Dousnbier vom Lieferdienst (4/12)

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von krixikraxilarifarihurdiwudri

Story

Die letzten Wochen hatten daraus bestanden, online nach neuen Jobangeboten zu suchen. „Worauf warten Sie noch, die gesamte Welt der Gastronomie steht Ihnen offen“, lädt mich die Werbung auf dem Jobportal optimistisch dazu ein, mich sofort ohne Umschweife auf die Suche nach meinem neuen Traumjob zu machen. Ich stelle mir dennoch die Frage, wie das Jobprofil eines Restaurantkritikers im Home-Office aussehen soll, unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die gesamte Gastronomiebranche am Boden der Zerstörung liegt. Wenn ich nicht gerade Bewerbungen schreibe, spaziere ich mit meinem Hund, dem West Highland White Terrier “Hudriwudri” durch die mit Leuten überfüllten Parks von Wien.

Den absoluten Tiefpunkt erreicht dieser Zustand meines Daseins, als ich mich eines Samstagabends dazu entschließe, Essen zu online zu bestellen. Kurzerhand greife ich zum Smartphone und wähle in der „Gschmackig“ App meine bevorzugte Speise. Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat – eh klar.

Eine halbe Stunde später läutet der Lieferdienst an der Klingel. Ich gehe ins Erdgeschoss und ein junger Student mit Zopf (heute nennt man das hip „Manbun“), der unter dem Fahrradhelm hervorschaut und Iso-Rucksack empfängt mich mit der Essensbestellung. „Wollen Sie Trinkgeld für die schnelle Lieferung geben?“ fragt er hartnäckig. Ich drücke ihm zusätzlich zum Preis fürs Essen einen Fünfer in die Hand, es beginnt zu regnen und ich eile übers Stiegenhaus in meine Wohnung zurück. Im Stiegenhaus hat sich nun ein Schnitzelaroma breit gemacht.

Als ich die Essbox öffne, fällt mir sofort die Alufolie auf, in die das Schnitzel gewickelt ist. Petersilie, die eigentlich zum Kartoffelsalat gehören, kleben auf der Folie. Ich versuche, dem lieblosen Schnitzel eine Chance zu geben, aber nach den ersten Bissen stellt sich heraus, dass dieses Schnitzel weder den Anforderungen eines Restaurantkritikers, noch jenen irgendjemand anders gerecht wird. Meine niedrigen Erwartungen waren unterboten worden. Selbst nach langem Kauen wurden die flaxigen Stücke nicht weicher und die Panade war so knusprig wie nasses Brot. Persönlich gekränkt und enttäuscht blicke ich auf das letscherte Wiener Schnitzel, das lieblos vor mir liegt, während schwere Regentropfen gegen die Fenster klatschen. Zumindest habe ich noch das Ottokringer, denke ich, als ich einen Schluck aus der Dose nehme. Fehler: es ist warm und schal.

Ich frage mich ernsthaft, wie es zu alldem kommen konnte. Noch bevor ich diesen Schock verarbeiten kann, läutet just in diesem Moment das Smartphone. Vorwahl +33: Frankreich. Jean Pierre, ein alter Freund. „Bonsoir Jean Pierre!“ Ich unterhalte mich mit ihm über die alten Zeiten. Er meint er habe eine private Heißluftballonfahrt gebucht und fragt, ob ich mit ihm, zusammen mit seiner Freundin und Ricard mitfliegen möchte. Erfreut über die willkommene Abwechslung sage ich zu, mit der insgeheimen Hoffnung auf besseres Essen.

© krixikraxilarifarihurdiwudri 2021-08-13

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