von Marvin Wils
Der Carolinger Wald (auch: der unheimliche Caro) ist ein Wald im Südwesten Mecklenburg-Vorpommerns (MV) und mit 120 Hektar der größte Wald des Bundeslands. Die namensgebende Kleinstadt Caroling, die in etwa 25.000 Einwohner zählt, liegt im Osten davon. Kennzeichnende Pflanzenarten sind unter anderem die Stieleiche und die Hainbuche.
Obwohl der Wald nicht als Naturschutzgebiet nach Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) gilt, blieb wirtschaftliche Nutzung bislang vollständig aus. Grund dafür ist sein mysteriöser Ruf: Menschen, die eine Verbindung zum Wald aufweisen, ihn betreten oder sich dort vermutlich zuletzt aufhielten, sollen spurlos verschwinden bzw. verschwunden sein.
Tatsächlich kam es in der Geschichte Carolings immer wieder zu unaufgeklärten Vermisstenfällen, die verschiedenste Autoren zu teilweise bizarren Erklärungsversuchen inspirierten, die Grundlage für eine Vielzahl literarischer Werke, Filme und Internetseiten wurden.
Kriminologen gehen jedoch einheitlich davon aus, dass gewöhnliche Verbrechen, die in Caroling stattfinden, von den Bewohnern vorschnell mit dem Wald assoziiert werden, was laut Bundeskriminalamt zu einem gefährlichen Leichtsinn gegenüber der Aufklärung dieser Vorfälle führe. Eindeutige Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Wald und den Vermisstenfällen gibt es nach weitläufigen Durchsuchungen der Polizei nicht. Der Mythos ist in der Bevölkerung Carolings allerdings so stark verankert, dass die Stadt eine offizielle Warnung für das Betreten des Waldes ausgesprochen hat.
2019 erhielt der Wald große mediale Aufmerksamkeit, nachdem der börsennotierte Energieversorgungskonzern AWK bekanntgab, weite Teile des Waldes für den Kohlegewinn roden zu wollen. Das Land hatte für den Hauptbetriebsplan seine Zustimmung gegeben, was zu bundesweiten Protesten führte. Klimaschützer sehen das Vorhaben der AWK AG vor allem im Zuge des bevorstehenden Kohleausstiegs kritisch. Auch sei die Artenvielfalt des Waldes vergleichsweise hoch, weshalb sie dringend geschützt werden müsse.
2020 reichte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) eine Verbandsklage ein, mit der Begründung, Kriterien für den Status eines Naturschutzgebiets erfüllt zu sehen. Seither liegen die Rodungsarbeiten auf Eis. Die Zustimmung für das Vorhaben der AWK liegt laut Meinungsumfragen in Caroling selbst allerdings bei über 50 Prozent.
© Marvin Wils 2022-07-31