Wilde Wasser und 5m Sprungturm

Heidemarie Leitner

von Heidemarie Leitner

Story

Meine Kindheit verbrachte ich grossteils an den Ufern der Salzach bei Hallein, damals noch ein reissender Fluss und ein unbeschreiblich toller Abenteuerspielplatz. In den Sommermonaten, wenn wenig Wasser vom Gebirge kam, bildeten sich herrliche Tümpel im schwarzen Salzachsand und man konnte sich bequem, wie in eine Badewanne, rein setzen. Ganze Badeanstalten haben wir Kinderarchitekten in unser Revier gebaut. Hie und da verirrte sich auch ein kleiner Fisch in diese Tümpel, so rein zufällig, oder mit etwas Hilfe von uns. Trockenes Schwemmholz und Steine ergaben im Handumdrehen eine kleine Freiluftküche und ein paar Erdäpfel hatte ich sowieso immer dabei. Ebenso meine Notausrüstung laut Opa: ein Messer, Streichhölzer und eine Schnur.

Später habe ich direkt am Zellulose-Kanal gewohnt. Eigentlich zu dieser Zeit eine richtige Giftbrühe, da wundere ich mich heute noch, dass mir keine Zehen abgefallen sind, wo wir doch ständig barfuss mit den Füssen in diesem reissenden Chemie-Cocktail herum gestampft sind.

Besonders spannend für uns Kinder war die kleine Insel mitten im Fluss. Wenn die Zellulose-Fabrik die Wehr abgesperrt hatte, konnten wir leicht auf die Insel waten. Das war allerdings sehr gefährlich, den wenn die Wehr ohne Vorwarnung wieder aufgemacht wurde, schoss das Wasser extrem schnell und stieg gleich mal bis zu eineinhalb Meter an und da ging mit Schwimmen gar nichts mehr und die zahlreichen Weiden mussten erstmals als Anker für Gestrandete herhalten. Aber wir kannten unsere Salzach gut und es dauerte auch nie sehr lange, bis wir dann auf der anderen Seite ans Ufer schwimmen konnten. Bei unserer Heimkehr in Gestalt getaufter Mäuse gab´s allerdings dann schon ordentlich Schimpf.

Obwohl die Salzach viel Abenteuer bot, war ein Besuch im Freibad Hallein schon ganz was anderes. Abgesehen von dem doofen Chlorgestank. Dort gab es ein tolles Sportbecken mit einem Sprungturm und einen Minigolfplatz, der von den Eltern meiner Schulkollegin betrieben wurde, das war sehr vorteilhaft für mich. Im Gegensatz zur Salzach gab´s hier militärische Ordnung in Form des Bademeisters. Ich war fasziniert von dem 5m Sprungturm, der immer am späten Nachmittag geöffnet wurde. Da versammelten sich die Badegäste und die „Halleiner Klippenspringer“ zeigten ihr Können.

Man musste eine gewisse Grösse haben und über 10 Jahre alt sein, um vom 5m Turm springen zu dürfen. Ich war sehr gross und ging einfach mit meinen Cousins hinauf. Der letzte Meter war wirklich gefährlich, da kein Geländer an der Seite war. Aber Oberst Bademeister hatte ohnedies alles im Griff. Ich stellte mich einfach in die Reihe der Burschen und als ich ganz Vorne war, erkannte mich der Bademeister zu spät, er war unser Nachbar, aber da bin ich auch schon gesprungen – hinab ins tiefe Nass – ein Traumgefühl.

Die militärische Ordnung wurde vom Bademeister aber sofort danach mit Standpauke und Sprungverbot für mich für die restliche Badesaison wieder hergestellt.

© Heidemarie Leitner 2019-05-01

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