„Willst du mit mir gehen?“

… die ersten Zeilen einer bittersüßen Liebesgeschichte.

Wir waren eigentlich noch Kinder in Gedanken, mit berauschender jugendlicher Ausstrahlung. Alles hatte den gewissen ZAUBER. Verzaubernde Anziehungskraft, romantisches Denken und unschuldiges Begehren. Es war spannende Aufregung und eine unkomplizierte Lebenseinstellung. Schwere Lebensdinge hatten zu dieser Zeit nur halb so viel Gewicht.

Ein geheimer Blick – ein wundervoller Augenblick. Schmetterlinge im Bauch, wenn ich nur an ihn dachte. Es gab keine bessere Motivation für das frühe Aufstehen unter der Schulwoche, als die hoffnungsvolle Erwartung seine Stimme zu hören.

Dann war es so weit – das handgeschriebene, klein-gefaltete Briefchen erreichte mich. Streng geheim unter den Schultischen weiter gereicht – nur für mich allein bestimmt. Mit der einen, so bedeutenden Frage und zwei so eindeutigen Antwortmöglichkeiten. „WILLST DU MIT MIR GEHEN?“ – „JA“ oder „NEIN“. Naiv und völlig unschuldig. Ehrlich und völlig direkt – ohne großartiges Drama und ohne theatralisches drum-herum-gerede.

Aber „gehen“ – wohin? … in die Hof-Pause, ins Kino, in eine gemeinsame Zukunft? Gedanken, die ich mir heute mache – damals zählte nur der Augenblick. Das Sein im „Hier und Jetzt“ – ach wie frei und schön. Dann ein Kreuzchen in das richtige Kästchen und es war entschieden. Unkompliziert und ganz ehrlich eindeutig. Eine Gefühlsentscheidung eines verliebten Herzens.

In der Wirklichkeit kann man diesen Moment jedoch wohl selten auf ewig festhalten. Wie das Leben so spielt, trennten sich unsere Wege ein Jahr später wieder. Er entwickelte sich und ich entwickelte mich. Wir beide entwickelten uns auseinander. Ich zog in eine neue Stadt und zurück blieben scheinbar nur unsere Scherben.

Fünfzehn Jahre gingen ins Land. In diesen erlebte er es, genauso wie ich. Gute, fröhliche und schlechte, traurige Augenblicke. Ohne einander. So oft mit dem Wunsch, dass der andere einfach neben einem stehen würde. Ich kam zurück in unsere Heimatstadt und wusste es gar nicht. Wusste nicht, dass er noch hier wohnt. Er erfuhr es über einen Freund, der es von einer meiner Freundinnen wusste. Märchenhaft wie manchmal vielleicht auch aus alten, zerbrochenen Scherben, etwas einfach Wundervolles wieder-entstehen kann.

Neue Wohnung, neuer Job … alte Stadt, alter Freund …

… und ein kleines Briefchen in meinem Briefkasten. Altbekannte, unschuldige, erste Liebeszeilen mit nur einem Wort mehr … „willst du WIEDER mit mir gehen“ … und dieselben zwei Antwortmöglichkeiten. Ich fühlte es. Fühlte wie früher. Er wusste, was mich verzaubert und ich wusste, dass nur er dies konnte.

Eine Entscheidung aus ehrlichem Herzen – eine Entscheidung für die Zukunft – eine Entscheidung für ein gemeinsames Leben. Wie damals, so auch heute.