Windgeflüster

Laura Krieger

von Laura Krieger

Story

Es war an einem Freitagabend, als Lukas zu seiner Mama lief, weil es draußen stürmte und die Bäume mit den Ästen gegen das Fenster peitschten. „Mama, es ist so laut da draußen und so unheimlich. Ich kann nicht schlafen und will nicht allein sein. Kann ich zu dir?“, fragte Lukas ängstlich seine Mama. „Na klar, mein Schatz. Komm her und kuschle dich zu mir“, antwortete sie. „Da hast du aber Glück, dass der Papa heute erst ganz spät nach Hause kommt!“, zwinkert sie ihm zu. „Du brauchst dich nicht zu fürchten, Lukas. Da draußen toben gerade Mila, Sophie und Lucy herum“, sagte die Mutter. „Was, wer ist das denn?“, fragte Lukas mit großen Augen. „Hab ich dir etwa noch nie von den drei Windgeistern erzählt?“, erwiderte die Mama erstaunt. „Nein, nein ganz sicher nicht. Daran würde ich mich erinnern“, meinte Lukas ganz aufgeregt. „Dann sollte ich das wohl schleunigst ändern“, schlug die Mutter vor und dann begann sie zu erzählen.

Mila, Sophie und Lucy sind drei Windgeistermädchen. Immer wenn es draußen windig ist oder stürmt, dann haben die drei den größten Spaß! Alle paar Tage kommen Mila, Sophie und Lucy aus ihrem Zuhause und wehen durch die Luft. Sie selbst sind der Wind und streichen durch die Landschaft, die Bäume und die Seen. Am liebsten mögen sie Tage, an denen die Sonne scheint. Dann schauen sie sich an und grinsen von einem Ohr zum anderen und hüpfen ganz aufgeregt, bis es endlich losgeht. Sie erheben sich in die Lüfte und fliegen durch die Straßen in den Städten. Dabei veranstalten sie Wettrennen, wer als schnellste um die Ecken biegen kann und bei wem die Fensterläden am lautesten klappern. Je lauter, desto besser und je schneller, desto lauter das Klappern der Fensterläden. Die Menschen, die in den Häusern sitzen, können, wenn sie genau aufpassen, ein leises oder auch mal ein lautes Heulen hören. Was aber die meisten nicht wissen, ist, dass es das Juchzen von Mila, Sophie und Lucy sind, die sich freuen, um die Häuser zu sausen. Wenn das Heulen ganz besonders laut ist, dann weiß man, dass gerade eine der drei Windgeistermädchen gewonnen hat und über ihren Sieg jubelt. Wettrennen oder Wettfliegen, wie die drei es nennen, könnten sie den ganzen Tag machen oder auch die ganze Woche. Manchmal machen sie das auch, wenn sie gar nicht genug davon bekommen können. Aber danach sind die drei dann ganz müde, hundemüde. Nach diesen anstrengenden Wettfliegen legen sich Mila, Sophie und Lucy dann in ihre Betten und schlafen ganz lange. Sie schlafen so lange bis die Menschen in ihren Häusern wieder das nächste Windgeflüster hören können und dann könnten ein paar von ihnen an die Windgeistermädchen denken. Bei diesen besonderen Menschen, die daran glauben, kann man dann ein leises Lächeln um die Lippen herum beobachten. Sie wissen, dass sie keine Angst zu haben, brauchen, sondern freuen sich, dass die drei so viel Spaß haben. Das passiert immer wieder von neuem und folgt einem Kreislauf, der nie aufzuhören scheint und der Natur folgt, wie einem leisen Ruf.

© Laura Krieger 2021-03-15

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