von Marie Promer
Es gibt die Individualisten, die ihre Brust aufplustern und sagen: „Ich allein bestimme, was meine Wirklichkeit ist!“ (Zitat: Esther Hecks) und es gibt die Deterministen, die sich die Kapuze ins Gesicht ziehen und meinen: „So ein Quatsch, wir sind doch alle bloß ein Produkt unseres Umfelds.“ (Zitat: W. Clement Stone)
Letzteres unterstützen auch die Psychologen, die profund erläutern, dass der Mensch sowohl von seinem sozialen, kulturellen und seinem räumlichen Umfeld geprägt ist, als auch von seinen Erfahrungen. Diese Erkenntnis, dass wir so abhängig von dem sind, was uns umgibt, mag für einige auf den ersten Blick recht herunterziehend wirken. Andere empfinden eine unangenehme Angst bei der Vorstellung, dass so vieles unser Leben bestimmen soll, über das wir gar keine Kontrolle besitzen. Wir haben keine Kontrolle darüber, ob es an einem unserer wichtigsten Tage sonnig wird oder in Strömen schüttet. Wir haben keine Kontrolle darüber, ob die Personen, mit denen wir in eine Schulklasse bzw. Arbeitsgruppe kommen, uns Energie geben oder sie entziehen. Selbst, über den Inhalt unseres Essens, scheinen wir nicht sicher zu sein und ganz platt gesagt, können wir uns unsere Eltern und Geschwister auch nicht aussuchen.
Das mag beunruhigend, gewiss frustrierend sein. Es ist jedoch gar nicht so dramatisch, wie es scheint. Fakt ist, wir haben zwar nicht über alles in unserem Leben die volle Kontrolle, was wir aber haben ist, einen gehörigen Einfluss darauf, wie sich die Dinge entwickeln. Nun gut, mit Sicherheit können wir nicht auf mystische Weise die Sonne zwischen den Wolken hervor beschwören. Wir können aber unsere Pläne an die neue Situation anpassen: „Okay, dann findet die Hochzeit eben drinnen statt.“ Hier kommen die Individualisten wieder ins Spiel: Anstelle dass wir betrübt auf unsere Realität schauen und uns damit geschlagen geben, dass wir machtlos über unser Schicksal seien, sollten wir kreativ werden. Anstatt uns lange in unserem eigenen Mitleid zu suhlen, könnten wir beginnen neugierig zu werden und zu überlegen, wie sich „unsere Realität“ verändern lässt. Was können wir denn kontrollieren? Die Antwort ist simpel: Es ist unsere Reaktion. Eine der zweifellos größten Einwirkungskräfte unseres Lebens, ist sie; unsere Reaktion auf die Dinge, auf die Menschen, auf das Wetter, auf die Welt. Das klingt vielleicht naiv, aber vereinfacht gesagt, ist es wirklich nur unser Handeln, durch das wir mit der höchsten Wahrscheinlichkeit in unserem Leben autonom und unabhängig bleiben. Dies zu wissen, lässt uns wieder mächtiger fühlen.
Um dieses Kapitel so angemessen philosophisch zu beenden, wie ich es begonnen habe: „Jede deiner Handlungen addiert dazu, was für eine Person du sein willst“ (Zitat: James Clear). Oder, um es mit den Worten der Fitness-Influencer zu sagen: „Du bist, was du isst.“ (Ursprünglich von Ludwig Feuerbach).
Also, wenn es um das Definieren unserer Realität geht, sollten wir vielleicht doch noch einmal innehalten und uns fragen, ob wir auf das Supermarkt-Erdbeereis mit mehr E433 (Polysorbate 80) als Beere wirklich „reagieren“ wollen. Doch an dieser Stelle, würde ich das Fass natürlich zu weit aufmachen, ansonsten mischen sich auch noch die Lebensmittel-Lobbyisten ein.
© Marie Promer 2025-04-18