Wissenschaft oft Wunder schafft.

Franz Brunner

von Franz Brunner

Story

Manchmal verstehe ich die Welt nicht mehr. Heute zum Beispiel, da ist für mich gar nichts stimmig. Der Psychopath in Russland bringt ungestraft Menschen um, schickt sie in einen sinnlosen Krieg, anderen dreht er Gas- und Lebensmittelhahn zu. Und es gibt eine Reihe ähnlicher Typen, die um den Globus verteilt um keinen Deut besser sind. Und dann schwärmt zu allem Überdruss gerade ein Typ im Radio davon, was für eine schöne Welt das sei. „What a wonderful world.“ Louis Armstrong heißt der lustige Kerl, der uns da was vorgaukelt. Gut, der Mann hat das bereits 1967 behauptet, aber da hat doch auch längst nicht alles gepasst.

In China tobte zu jener Zeit die Kulturrevolution, Israel besetzte im Sechs-Tage-Krieg Ost-Jerusalem und die Golanhöhen, in Griechenland putschte sich das Militär an die Macht und die Amerikaner gingen gegen den Vietnamkrieg auf die Straße. Zumindest das müsste der stets schwitzende Entertainer mitbekommen haben. Ein hartgesottener Realitätsverweigerer, dieser nach außen so gutmütige „Satchmo“, anders kann ich’s mir nicht vorstellen.

In Phasen wie diesen bin ich froh, dass ich ein guter Surfer bin und mich in den Weiten des Internets blendend zurechtfinde. Balsam für meine leidgeprüfte Seele liefert regelmäßig die Wissenschaft, penibel recherchiert von der ORF-Science-Redaktion. Ja, da gibt’s jede Menge Beruhigendes zu erfahren, Lichtblicke im dunklen Sturm der Gegenwart. Also da wäre …

Die Wahrscheinlichkeit, dass ich in den nächsten 10 Jahren sterben werde, ist gegenüber vielen gleichaltrigen Mitmenschen um 50 % geringer. Warum das so ist? Weil ich länger als 10 Sekunden auf einem Bein stehen kann. Super, da trainiere ich ab sofort für die 20 Sekunden-Marke.

Hurra, in Grönland haben Forscher „klimafitte“ Eisenbären entdeckt. Eine Unterpopulation, welche die zu befürchtenden Klima-Eskapaden anscheinend besser verträgt als der Altbestand. Ich bin’s ihnen vergönnt, die können ja nichts dafür, dass wir so viel Murks machen.

Anderer Kontinent – anderer Lichtblick. Ein australisches Forscher-Team hat einen Wurm entdeckt, der Styropor frisst. Wenn wir den zudem so weit bringen, dass er sämtliche Arten von Kunststoff verputzt und wir ihm auch das Schwimmen beibringen, dann wären unsere plastikverseuchten Ozeane noch zu retten.

In einem Sumpf in der Karibik haben Forscher ein Riesenbakterium geortet, welches bereits mit freiem Auge sichtbar ist. Wird vielleicht die nächste Corona-Mutation ein ähnliches Wachstum erfahren? Dann müssten wir uns nicht mehr auf teure, unzuverlässige Tests verlassen, sondern könnten stattdessen das Virus per visueller Kontrolle in den Griff bekommen.

Ooops, jetzt reicht’s, dieses Thema ist ganz und gar nicht lustig. Schon bin ich nach kurzem Ausflug wieder hart in der Realität gelandet und höre die letzten Takte von Louis Armstrong. Irgendwie hat er ja recht, es ist eine schöne Welt. Mit Abstrichen, aber schön. Helfen wir mit, dass es noch lange so bleibt.

© Franz Brunner 2022-06-24

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