von Peggy Biczysko
Asseryaladup – noch nie gehört. Ehe ich mich ohne festes Ziel zu einer Weltreise aufgemacht habe, wusste ich nicht, dass ich irgendwann einmal auf einer Mini-Insel landen werde, in der gelebt wird, was wir in der “zivilisierten” Welt bis heute nicht geschafft haben: die Gleichstellung von Mann und Frau. Pardon! Jetzt muss ich zurückrudern, denn eigentlich wird ein umgekehrtes Paar Schuhe draus. Im Inselparadies San Blas, das zu Panama gehört, aber so einige Privilegien genießt, haben die Frauen das Sagen. Sie entscheiden, ob sie einen Mann – und vor allem welchen – sie auswählen. Sie sind es auch, die sich von ihnen trennen können. Die Männer müssen sich fügen.
Im Reich der Kuna – so nennen sich die Ureinwohner des abgelegenen Inselreichs, das über enorme Wellen in kleinen Holzbooten erreichbar ist – gibt es sage und schreibe 52 Regeln, die unter anderem den Umgang der Touristen mit den Indios umfassen. Ziellos mit der Kamera über die Insel zu streifen und die Kuna in ihrer Privatatmosphäre abzulichten, ist ein absolutes No-Go. Gegen zwei Dollar Bares lassen sich die kleinen, geschäftstüchtigen Indios aber gern fotografieren.
Das Leben läuft hier ab wie vor hundert Jahren. Allerdings gibt es heutzutage stundenweise Strom vom Generator. Damit die Touristen – hin und wieder auch die Kuna-Männer – ihr kaltes Bier bekommen, gibt es Truhen, die jedoch nicht über einen Generator laufen, sondern mit Eisblöcken bestückt werden, die die Kuna alle zwei Tage per Boot vom Festland holen. Wie Getränke und Essen auch. Denn außer den Kokospalmen gedeiht hier nichts.
Die San Blas-Inseln gehören zu den farbenprächtigsten und schönsten Regionen Panamas. Allein die bunten Gewänder der Indio-Frauen sind eine Augenweide. Von den Handgelenken bis hinauf zum Ellenbogen und von den Knöcheln bis über die Waden tragen die Kuna-Frauen Perlenschmuck in leuchtenden Farben. Ihre auffällige Tracht besteht aus einem bunten Wickelrock, einer noch bunteren Bluse, die von den charakteristischen Mola geschmückt wird. Mola, das war einstmals Körperbemalung, die heute als umgekehrte Applikation aus übereinanderliegenden Stoffschichten zu einem Kunsthandwerk wird. Dieses verkaufen die Kuna – die verheirateten Frauen tragen einen Einheits-Kurzhaarschnitt – gern an Touristen.
Romantische Vorstellungen vom Leben auf einer einsamen Insel sollten all jene, die sich zuweilen danach sehnen, besser über Bord werfen. Das San Blas-Archipel ist nicht vergleichbar mit den Malediven, wo Urlauber rund um die Uhr gepudert und verhätschelt werden. Wenn in der mächtigen Plastiktonne über der Dusche kein Wasser mehr ist, verpasst einem einer der Indios kurzerhand einen Eimer voll Wasser über den Kopf. Sie sieht eben das Leben auf einer Robinson-Insel aus. Ich indes genieße die Einsamkeit in meiner schlichten Cabana, einer Hütte mit Bettgestell aus Bambus und einer Matratze darauf, in vollen Zügen. Weniger ist oftmals so viel mehr!
© Peggy Biczysko 2021-02-08