Wo ist der Käse? Hast du den Käse?

Waltraud Wohlmuth

von Waltraud Wohlmuth

Story

Es ist nicht so leicht, den Unterschied zwischen Nominativ und Akkusativ zu verstehen. Wo ist d e r Käse? Magst du d e n Käse? Als Muttersprachler geschieht das natürlich automatisch. Doch wenn man Deutsch als Fremdsprache erlernt, muss man sich mit den Fällen und den damit einhergehenden Übereinstimmungen gehörig quälen. So habe ich als Trainerin im Deutschkurs versucht, der Problematik praktische Beispiele entgegenzusetzen.

Ein leichtes Aufkommen eines ‘Aha-Erlebnisses’ konnte ich wahrnehmen, als wir uns in die Situation eines Kaffeehauses oder Restaurants versetzten und jeder/jede konnte sich ein Getränk oder ein Essen bestellen. Ich möchte ein Bier, ich möchte ein e n Kaffee, ich möchte ein e Cola….

Andererseits lerne ich auch sehr viel von den Teilnehmerinnen, unser deutsches Wort ‘Prost’ ist im Rumänischen und auch im Kroatischen ein Schimpfwort. So hat jede Sprache ihre Finessen und Eigenheiten.

Es ist mir auch sehr wichtig, die Kultur der einzelnen Nationalitäten zu respektieren. “Ich möchte ein e n Schweinsbraten,“ habe ich dann doch lieber nicht als Beispiel verwendet

Was mich aber schon belastet, ist das hohe Pensum, das in einem A1 Kurs angepeilt wird. Es ist kaum möglich, Themenbereiche zu vertiefen. Die Wochentage, die Uhrzeit, die Familie, Essen, Wohnen, Einkaufen, alles wird nur gestreift, und schon kommt das nächste Kapitel. Ich weiß aus jahrelanger Erfahrung und von speziellen Seminaren bezüglich Erwachsenenbildung, dass Wiederholungen unerlässlich sind, um Erfolge zu erzielen, und vor allem die Altersgruppe 50+ kann nur durch ständige Wiedergabe des Gelernten und Einbauen in neue Beispiele ein Speichern des Lernstoffes ermöglichen.

Was für mich aber fast genauso wichtig ist wie das Erlernen der deutschen Sprache, ist die Schaffung eines angenehmen Gruppenklimas, wo wir gemeinsam lachen können, Spaß haben und so unsere Ziele erreichen. So haben wir unsere Geburtstage ausgetauscht, um die Ordnungszahlen und die Monate zu üben.

Ein wunderschönes Erfolgserlebnis war für mich die Umschreibung des Adjektivs ‘lieb’: “Unsere Lehrerin ist lieb.”

© Waltraud Wohlmuth 2021-06-23

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