von Herbert Schieber
Wir waren früher leidenschaftliche Hauszelt-Camper. Unsere komplette Ausrüstung liegt noch heute am Dachboden einsatzbereit, mit einem ausreichenden Vorrat an Zeltheringen. Der Grund für diesen Vorrat war ein Adriaurlaub in Kroatien, in der Nähe von Makarska. Das war so…
Spätabends kommen wir an und finden auch noch einen tollen Standplatz in Meeresnähe. Zum Zeltaufbau zu spät, verbringen wir die Nacht noch im Auto. Frühmorgens wird ausgepackt. Wir haben Routine beim Zeltaufbau. Nach einer Stunde steht das Zelt. Wegen der starken, orkanartigen Fallwinde in dieser Gegend will ich das Zelt ordentlich fixieren. Heringe haben wir dabei, die sind jedoch zu schwach für diesen steinigen Boden. Kein Problem. Ich besorge welche! Ich nehme einen Zelthering als Muster und fahre in das etwa 10km entfernte Makarska. Die Familie geht zwischenzeitlich schon schwimmen.
Angekommen in Makarska eine rote Ampel. Vor mir ein einheimisches Auto mit einem Surfbrett am Dach. Ich steige schnell aus, geh nach vor. Drinnen sitzen vier Jugendliche. Unwissend schütteln diese den Kopf, als ich ihnen den Hering zeige. Ich fahre weiter ins Ortszentrum, parke und gehe in das erste Geschäft, das optisch so aussah als könnte es dort Zeltausrüstungen geben. Der Verkäufer verneint freundlich, geht mit mir auf die Straße, deutet in eine Richtung und gibt mir auf gebrochenem Englisch zu verstehen, dass der „Kljuc“ so etwas haben müsste. Ich gehe in die gezeigte Richtung und sehe ein Sportgeschäft, aber ohne Aufschrift Kljuc. Ich gehe hinein, zeige mein Muster und werde auch dort freundlich auf den „Kljuc“ verwiesen. Sie geben mir zu verstehen, dass dieser in der Parallelstraße zu finden sei. Suchend marschiere ich die Parallelstraße entlang, bis ich erfolglos am Hafen ankomme.
In meiner Verzweiflung spreche ich dort einen alten Mann an, zeige auch ihm meinen Musterhering. Sofort sprudelt aus seinem Mund „Kljuc!“, und er deutet in die Richtung woher ich gekommen bin. Also nochmal zurück. Zur Sicherheit gehe ich auch noch in eine Apotheke um zu fragen, wo hier der Kljuc sei. „Fiftie meters on the left side!“ Ich gehe weiter und entdecke bei einem Stiegenabgang tatsächlich über einer Kellertür das Schild „Kljuc“ prangern.
Ich trete ein. Es ist eine etwas verstaubte Eisenhandlung. Eine Dame kommt zwischen den Regalen hervor zur Verkaufspudel. Ich versuche in gebrochenem Englisch zu erklären was ich suche. Ich zeige auch ihr meinen Musterhering. Freundlich verneint auch sie und versucht mir in kroatischem Englisch zu erklären, wo ich fündig werden könnte. Ich verstehe nichts. Große Erleichterung, als ich mein Herkunftsland preisgebe. In nahezu perfektem Deutsch erklärt sie mir den Weg zum Lagerhaus. Die müssten Zeltheringe haben. Glücklich mache ich mich auf dem beschriebenen Weg zum Lagerhaus. Ich finde auch das nicht und gebe die Suche auf.
Wir haben aber Glück. Wir bleiben beide Wochen vor diesem gefürchteten Fallwind verschont!
© Herbert Schieber 2019-11-25