von Christa Arnet
Das Gehöft von Bauer Albert sieht aus wie nach einer Schlacht. Die Viehtränke ist demoliert, der Wassertank steht schief, im Schutzwall der Windmühle klafft ein Loch. <<Typisch Elefanten!>> sagen unsere einheimischen Führer achselzuckend. Vertreiben geht nicht, abschiessen ist nicht gestattet. Denn die 365 000 Hektar große Region #Khoadi-//Hôas, auf Deutsch <<Ecke der Elefanten>>, ist ein staatliches Schutz- und Hegegebiet, das von der lokalen Bevölkerung genutzt und verwaltet wird.
Offenbar sind die Einbrecher erst vor wenigen Stunden in nördlicher Richtung davongezogen. Weit können sie wohl nicht sein, denken wir. Aber nach zwei Stunden Fahrt durch Grasebenen und ausgetrocknete Flussbette ist noch kein Dickhäuter in Sicht. Wenigstens zeigt ab und zu ein Haufen frischer Dung, dass wir immer noch knapp hinter ihnen sind. Fährtenleser Hambo steigt dann jeweils aufs Autodach und hält Ausschau. Doch die einzigen Highlights sind vorderhand eine auf einem Stein liegende Schlange und die verwischten Trampelspuren eines Spitzmaulnashorns.
Es ist bereits elf Uhr, als sich endlich zwischen den Büschen etwas regt. Ein dunkler Rücken mit zwei langen Hörnern erscheint und verschwindet wieder. Ein Oryx, Namibias Wappentier! Auch die Giraffen und die Zebras, die etwas später zu sehen sind, galoppieren erschreckt davon. Anders als im Etosha Nationalpark, wo sich die Löwen von den Autos fast auf die Pfoten fahren lassen, nehmen hier alle Tiere sofort Reissaus.
Ein Uhr mittags und immer noch kein Elefant weit und breit! Mittlerweile ist es heiß geworden, die Tafelberge im Hintergrund sind im Dunst verblasst. Alle Konturen verschwimmen, sodass jeder Baum und jeder Felsen ein Tier sein könnte. Die schwarzen Flecken dort drüben scheinen sogar Rüssel zu haben und sich zu bewegen.
<<Gefunden!>> jubelt Hambo nach einem Blick durchs Fernglas. In etwa dreihundert Meter Entfernung stehen drei Elefantenkühe mit ihren Jungen. Die Grossen stopfen sich Blätter und Zweige ins Maul, die Kleinen rennen hin und her. Beim vorsichtigen Näherkommen ist gut zu erkennen, dass sie kleiner sind als die andern Afrikanischen Elefanten. Bestens an die Wüstenbedingungen angepasst, wandern sie täglich bis zu 70 Kilometer; selbst bei extrem hohen Temperaturen. Und dank aussergewöhnlichem Gedächtnis und der Fähigkeit, ihr Wissen der Nachkommenschaft weiterzugeben, finden sie immer wieder zu den einmal besuchten Wasserlöchern zurück. Oder zu den Wassertanks der Bauern! Bei Albert waren sie neulich zweimal hintereinander.
Leider ist die Begegnung nur kurz. Unvermittelt drehen uns die grauen Kolosse die Hinterteile zu und setzten sich in Bewegung. In wenigen Augenblicken sind sie vom Erdboden verschluckt. Also schnell den Hügel umrunden! Auf der anderen Seite ist indessen nichts zu sehen. Und hinter dem nächsten Hügel auch nicht. Hat sich die ganze Gruppe in der Mittagshitze aufgelöst? Oder war überhaupt alles bloß Einbildung?
© Christa Arnet 2021-03-06