von Gudrun Salzer
Ich liebe sie, diese Tage. Die Sonne mit ihren warmen Strahlen. Die vernetzten Fäden, die im spätsommerlichen Scheinwerferlicht glitzern.
Bis zum Mittagessen ist noch eine Weile Zeit. Kurz entschlossen, rücken wir, der Drahtesel und ich, für eine Runde aus. Bei uns im und ums Dorf messen sich die unterschiedlichsten Firmen im Straßenbau. Ungewohnt leiten sich die gewohnten Pfade um. Also nicht nur nicht ich am Esel, sondern auch: „Wer sein… liebt, der schiebt“. Soufflieren mir die Argusaugen eines Bauarbeiters. Na gut.
Baustellen passé, vorbei an Salatköpfen, Sonnenblumen und Apfelbäumen voller Rotbäckchen. Es geht bergab und der Fahrtwind fährt sanft über meine Haut. Herzerwärmend. Auf den Wiesen trocknet sich das gemähte Gras und verströmt ein fantastisches Aroma. Während ich entlang der Salzach ein Weidetor nach dem anderen passiere. Verlässlich treffe ich auf die immerwährende Pfütze. Die sich heute neumondartig fast ins Erdreich zurückgezogen hat. Natürlich kann ich nicht widerstehen und treibe die Reifen durch das bisschen Nass. Da spür ich es schon. Dekorativ zeichnet sich eine braun-graue Linie auf meinem Shirt und wohl auch mittig am verlängerten Rücken ab.
Das vorletzte Weidetor begegnet mir im Wald. Die feine Kühle bettet sich auf der sonnenbalsamierten Haut. Das Rad rumpelt über Wurzel, Stock und Stein, derweilen mir die Farnblätter freundlich zunicken. Bevor ich den Alltag passiere.
Abends ist wieder etwas passiert. Nach all den gewohnten Jahren, doch etwas ungewöhnliches. Vielleicht sogar ein wenig Gefährliches? Liegt darin etwa der Reiz?
Nein! Vielmehr sind es die Töne und Zwischentöne. Das Unisono und Mehrstimmige. Das Feine und Kräftige. Der Sand auf den Fußsohlen.
Das erste gemeinsame Singen seit vielen Wochen. Am gewohnten Ort. Doch in neuen Gemäuern. Oder Gehölzern? In einem Holzhaus. Barfuß betrete ich den geölten Holzboden. Feine Sandkörner bleiben an meinen Fußsohlen haften.
Das Klavier führt die Stimmbänder durch Höhen und Tiefen. Langsam und behutsam. Zum Aufwärmen. Die vertrauten schwarz- weißen Tastenklänge eines hawaiianischen Liedes erklingen und die ersten Stimmen singen. Hoch, tiefer, zwischendrinnen und untendrunter. Eine federleichtes Klanggebilde steigt auf und reift zur Klangwolke. Raumausfüllend. Trommelfellschwingend. Gänshautbildend.
Genau in diesem Moment weiß ich es. Wie wohl ich mich in meiner Haut fühle!!!
© Gudrun Salzer 2020-09-16