WohnZimma

Gudrun Salzer

von Gudrun Salzer

Story

Unser Wohnzimmer ist zweckmäßig eingerichtet. Couch, Schreibtisch, großer Teppich, Bücher- und CD Regale, Klavier, Gitarren, Fernseher, Stereoanlage, Hometrainer, ein Hängesessel, der von der Decke baumelt. Eine Kiste zur textilen Verwandlung der Kinder. Und das Korbgeflecht für die Wolle, nicht zu vergessen.

Die Zeiten, in denen ein Hindernisparcours bestehend aus Plastikbausteinen& Konsorten den Boden bedeckte, sind vorbei. Stumme Zeugen halten sich dennoch an der Oberfläche des Parketts.

Küche und Essbereich sind baulich mit dem Wohnzimmer verschmolzen.

Somit streitet sich der Dunstabzug mit dem CD-Player um die akustische Vorherrschaft. Der Mixer unterbricht die Theaterprobe. Die dafür aufgetragene Schminke vereint sich mit dem Couchbezug. Das kranke, fernsehwütige Kind verbietet dem immer hungrigen Staubsauger die Nahrungsaufnahme. Arbeitende Personen am Schreibtisch beamen sich ganz ohne Scotty mittels Ohrverstöpselung in andere Galaxien.

Im Wohnzimmer laufen die familiären Fäden zusammen. Das bunte Knäuel ist vielfarbig, an manchen Stellen fest wie ein Stahlseil, gleichzeitig kuschelig, weich, glitzernd, rau, kratzig oder zart wie ein Seidenfaden.

An vielen Tagen fließt der Faden geschmeidig durch die Finger. Manchmal verhält er sich widerspenstig, verwickelt sich. Gelegentlich bilden sich Knoten, die mit viel Geduld und Ausdauer gelöst werden müssen.

Geduld und Ausdauer-Charakterzüge, die sich mit meiner Persönlichkeit nur sehr rudimentär in Verbindung bringen lassen. Die Füllmenge eines Schnapsstamperls böte sich als Volumsbeschreiber der zitierten Gaben an. Im familiären Gefechtsalltag leert sich der überdimensionierte Fingerhut dann und wann. So wird der Wohlfühlort zum Tatort. Zur energetischen Reinigung greife ich auf ein hochwirksames Patentrezept zurück.

Ein Café mit humorvoller, empathischer, abenteuerlicher Frauenpower. Mein Verwöhnprogramm für Körper und Seele.

Das WohnZimma.

Die Menge der alten Kaffeekannen, die zahlreichen Kaffeemühlen. Eine Bücherwand mit allem was das Herz begehrt. Eine Diva, die neben dem Kachelofen logiert. Hat sie ihre Tage, so braucht es zartfühlendes Einfühlungsvermögen, um ihr das schwarze, flüssige Gold zu entlocken. Kombiniert mit flaumig selbstgebackenem. Serviert mit Liebe und Humor. Da jubiliert der Gaumen.

Barockzeit, Mustercouch, Kartenspieler, Grünzeug, Ohrensessel, Schachmatt oder die Cremige sorgen für ein gemütlich entspanntes Sitzerlebnis. Antike Schaukelmöbel inkludiert.

Menschen aus aller Herren Länder, aus unterschiedlichen sozialen Schichten, jeden Alters. Dicke Wände als Geheimnisträger der zwischenmenschlichen Lebenspalette. Ein Umschlagplatz für Musik, die nicht auf der Welle des Mainstreams surft.

Mainstream ist er. Der Dornröschenschlaf, der das WohnZimma umgibt… Auf ein baldiges Erwachen!!!

© Gudrun Salzer 2021-03-07

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