Woipadinga fanga

Horst Sammet

von Horst Sammet

Story

Am Freitag, den 13. Juni 2014, in einer Vollmondnacht, war es endlich so weit. Da es diese Tage nicht so oft gibt, muss ganz schnell gehandelt werden. Wochen vorher hatte ich schon die Presse informiert, Flyer verteilt und das Dorf motiviert, bei einer besonderen Aktion mitzumachen.

Zum Termin hatte sich ein gutes Dutzend beim Wirt eingefunden, um bei dieser Gaudi mitzumachen. Bis auf drei Dörfler, inklusive mir, handelte es sich bei den anderen um Touristen, die meisten aus Norddeutschland.

Bevor es aber auf Tour ging, stärkten wir uns erst einmal beim Wirt. Eine der Damen hatte eine Flasche Zirbengeist dabei, um das geheimnisvolle Wesen anzulocken und ein Mann aus der Nähe von Kiel fragte dann: Was ist denn ein Wolpertinger? Ich antwortete ihm, das ist nicht so genau zu sagen, aber wenn wir einen fangen, wißt Ihr was das ist.

Die Teilnehmer waren gut ausgerüstet, eine hatte ein Schmetterlingsnetz dabei, ein anderer eine Angel und sogar jemand mit einer Grubenlampe. Der Besitzer meinte, falls wir in einen Stollen gehen, wäre das absolut notwendig. Auch nicht schlecht, meinte ich und grinste vor mich hin, was aber niemand bemerkte.

Es fing schon an zu dämmern, als wir uns – leicht angeheitert – auf den Weg machten, jeder versehen mit einem Licht. Je weiter wir in den Wald kamen, wurden die Geräusche um uns herum geheimnisvoller und unheimlicher. Das fahle Licht des Vollmondes tat sein Übriges.

Wann sehen wir denn endlich einen von den Dingern, fragte die Frau neben mir und fuchtelte mit ihrem Netz herum. Ich flüsterte: Bitte nicht so laut, gleich sind wir da!

Nur ganz leichter Nebel zog über die anvisierte Lichtung, so hatte ich das aber nicht bestellt, dann hörten wir einen fürchterlichen Tierlaut. Ein Hirsch hätte es sein sollen und kein tasmanischer Teufel! Das Gebrüll war zwar schaurig schön und hat gereicht, um die Expedition in die Flucht zu schlagen.

Lange dauerte es, bis ich meine Schäfchen wieder zusammen hatte, aber es fehlten immer noch 2 Personen als wir wieder beim Wirt eintrafen, jedoch stand das Auto der Fehlenden nicht mehr auf dem Parkplatz.

Meine Gäste waren sehr enttäuscht, dass sie keinen Woipadinga gesehen, geschweige gefangen, haben. Ich sagte nur, das macht nichts, denn beim nächsten Vollmond haben wir wieder eine Chance. Voraussetzung ist aber, dass es sich bei dieser Vollmondnacht wieder um einen Freitag, den 13. handelt, das Schlechte, dies wird laut Kalender erst 2049 sein.

Nachdem die Gäste alle weg waren, machte ich mich wieder auf den Weg zur Lichtung, die ja keine 100 m entfernt war, aber mit neugierigen Menschen dauert so ein Ausflug etwas länger.

Im Bauwagen lag Alois und schnarchte vor sich hin. Ich weckte ihn, sah aber, dass 2 leere Flaschen Uhudler herumstanden – na Servus. Jetzt war mir klar, warum Nebel und Tierlaut nicht passten. Alois grinste mich breit an und sagte: Dschulidung, aba bei mia is a Woipadinga gwen und hot ma an Uhuhuhudler mitbracht…kippt wieder zur Seite und schnarcht weiter.

© Horst Sammet 2021-08-11

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