Worte, die fehlen

Andreas Trimmel

von Andreas Trimmel

Story

Ein Abschied ist und bleibt ein Abschied. Auch, wenn er unausweichlich und vorhersehbar ist – er kommt immer ĂŒberraschend. Er kommt unerwartet. Er kommt unpassend. Und er schmerzt. Das „fĂŒr immer“ schmerzt. Die EndgĂŒltigkeit schmerzt. Die Unwiderruflichkeit schmerzt.

Das Leid ist zu sehen und zu spĂŒren, es ist allgegenwĂ€rtig und offensichtlich. Es ist sprachlos und unbeschreiblich. Es gibt Momente, da fehlen die Worte. Es gĂ€be so Vieles zu sagen – und dennoch wirkt jedes Wort deplatziert, jedes Wort scheint falsch, kein einziges wĂŒrde passen.

Der Boden bricht unter den FĂŒĂŸen weg, endlose schwere Leere steigt empor, jeglicher Halt scheint verloren. TrĂ€nen taumeln talwĂ€rts, verfolgen einander und vereinen sich zu einem Bach, der still dahinfließt. Schier unerschöpflich die Quelle, schier unaufhaltsam das Fließen, schier endlos die Trauer.

HĂ€nde, die zittern. Lippen, die bibbern. Augen, die flehend ein verzweifeltes „Warum?“ weinen. Ohren, die vergeblich auf eine Antwort warten.

GÀbe es eine Antwort, so wollte sie nicht gehört werden. GÀbe es einen plausiblen Grund, so wollte er nicht verstanden werden. GÀbe es einen tieferen Sinn, so wollte er nicht erschlossen werden.

Das „Warum?“ hallt nach, wird von den WĂ€nden der Zeit zurĂŒckgeworfen, wird verstĂ€rkt. Ein lautes, fragendes, endloses Echo. Selbst wenn es eine Antwort gĂ€be, sie ginge im LĂ€rm der Frage unter, sie verschallte ungehört.

Es gibt so viele Buchstaben, so viele Worte – und doch fehlen sie gerade.

© Andreas Trimmel 2021-04-04