Wortspende: Der Rollator meiner Mutter

Meine Mutter ist 84 Jahre alt. Sie ist krank. Der Arzt sagt, sie hat Demenz. Sie braucht viel Hilfe. Ich, ihre Tochter, pflege sie. Ich koche für sie. Ich helfe ihr beim Duschen, beim Haarewaschen und beim Anziehen.

Meine Mutter kann nicht mehr gut gehen. Aber sie möchte spazieren gehen.

Ich sage zu ihr: ‚Mutti, du brauchst einen Rollator.“

Meine Mutter antwortet: “Ich will keinen Rollator.“

Ich frage: “Warum nicht?“

Sie sagt: “Dann sagen die Nachbarn ich bin alt.”

Ich antworte: “Mutti, du bist alt.”

Aber sie meint: „Noch nicht so alt.“

Wenn ich arbeiten gehe, kommt die Heimhilfe vom Roten Kreuz und hilft meiner Mutter. Sie wärmt ihr das Essen und geht mit ihr spazieren. Auch die Heimhilfe sagt, dass meine Mutter einen Rollator braucht. Aber meine Mutter will keinen.

Wenn ich nach der Arbeit nach Hause komme, habe ich viel zu tun. Ich muss die Wäsche waschen, staubsaugen und das Essen für morgen vorbereiten. Ich muss auch noch im Garten gießen und die Katze füttern. Meine Mutter will mir helfen. Als ich es nicht sehe, nimmt sie den Abfalleimer und will ihn in die Mülltonne ausleeren. Sie stolpert über die Türschwelle. Sie fällt hin und verletzt sich das Bein. Ich fahre mit meiner Mutter ins Krankenhaus.

Der Arzt sagt: “Ein Knochen im Knie ist angebrochen. Sie bekommen einen Verband und dürfen das Knie nicht belasten.”

Meine Mutter sagt: “Ich will aber spazieren gehen.”

Der Arzt antwortet: “Dann brauchen Sie einen Rollator. Damit dürfen Sie in drei Wochen wieder spazieren gehen.”

Wir holen einen Rollator aus dem Fachgeschäft. Nach drei Wochen geht meine Mutter zum ersten Mal wieder spazieren. Sie nimmt ihren Rollator und geht.

Sie trifft eine Nachbarin. Sie setzt sich auf den Rollator und kann mit der Nachbarin lange sprechen. Die beiden alten Damen haben sich viel zu erzählen.

Als wir nach Hause kommen, sage ich: “Ist es nicht gut einen Rollator zu haben?”

Meine Mutter antwortet: “Warum haben wir den nicht früher bekommen?”