Seit ich mich erinnern kann, wollte ich Ärztin werden.
Ich wollte mit genau diesem einen Mann zusammen sein und ich wollte zwei Kinder haben.
Als ich 29 Jahre alt war, waren alle diese Wünsche erfüllt. Ich war glücklich.
Doch dann, in einem Sommerurlaub zwei Jahre später, änderten sich meine Lebenspläne. Als meine beiden Kleinen am Meer ihre Kübel voll Steine füllten, sah ich vor meinem inneren Auge noch ein weiteres Kind bei ihnen spielen. Es war noch nicht hier, aber es gehörte zu uns. Das war eindeutig. Dies war der Moment der Geburt, meines Wunsches nach einem dritten Kind.
Mein Körper und meine Seele schrien förmlich danach, was zum damaligen Zeitpunkt völlig absurd war. Meine beiden Kleinkinder, mit nur zwei Jahren Altersunterschied, verlangten mir natürlich einiges ab. Mein Mann arbeitete als Assistenzarzt und machte viele Nachtdienste und Überstunden. Zudem war ich am Anfang vom „Turnus“, also meiner Ausbildung zur Ärztin für Allgemeinmedizin, in die Babypause gegangen. Ich hatte somit nicht nur einen beruflichen Wiedereinstieg, sondern eine lange, harte Zeit im Krankenhaus vor mir.
Noch ein Kind wäre einfach Wahnsinn gewesen und hätte ziemlich sicher das Ende meiner erst zarten Karriere als Medizinerin bedeutet.
Mein Verstand setzte also klar einen großen, dicken Riegel vor meinen neuen Herzenswunsch, über dessen Schloss stand: „Öffne, wenn du deine Ausbildung fertig hast.“
Auf einmal hatte ich es noch eiliger, meinen „Turnus“ abzuschließen.
Etwas später bekam ich, wie durch ein Wunder, eine Stelle in einer nahe gelegenen Klinik. So balancierte ich über zwei Jahre lang Tag-, Nacht- und Wochenenddienste, zwei kleine Kinder, den Haushalt und jede Menge „mental load“.
Tief in mir drinnen war eine geheime Motivation, die ein Teil meines Motors und meiner Kraft war, die mich vorantrieb: die Öffnung des Riegels. Weg frei für unser drittes Baby.
© Sandra Elisa Haiden 2021-07-25