WunschGedanke

Erich Stöger

von Erich Stöger

Story
Wien 2025

Es sind wahrlich Jahre vergangen, seit in mir ein leichtes Verlangen erwachte, mir ein Flinserl stechen zu lassen, sobald ich in den Ruhestand wechsle. Vorher war es aus beruflichen Gründen (Vorbildwirkung den Schülern gegenüber) einfach unmöglich. Der Ruhestand dauert nun auch schon einige Jahre an, und ich bin die ganze Sache einfach nicht wirklich angegangen.

Aber da gibt es ja auch noch den bekannten Zufall. Und der stellte sich ein, als ich meinem Sohn gegenüber, bei einem seiner Besuche so nebenbei erwähnte, mir auch ein Flinserl zuzulegen. Er hat mir dabei gerade seines präsentiert. Ja, das war es eigentlich, mit seiner Bemerkung, das wäre eine tolle Idee, verabschiedete sich die ganze Sache für mich wieder in eine unbedeutende „Gedächtnisablage“. Dann stand Weihnachten vor der Tür und es gab diesmal, aus verschiedenen Gründen kein Familientreffen. Mein Sohn besuchte mich mit Lux kurz vor Jahreswechsel und wir tauschten unsere Geschenke aus. Lux, von seiner Weihnachtsreise noch leicht von Müdigkeit gezeichnet, nahm mich dennoch in Beschlag und so musste Papa für die Mahlzeiten sorgen. Bei deren letzten vor ihrer Heimreise, fragte mich mein Sohn, ob ich nicht das Couvert mit seinen Weihnachtswünschen öffnen möchte und so tat ich es. Was soll ich sagen, ein Gutschein für das Stechen eines Flinserls wurde mit den Worten: Warte nicht zu lange zu, ich erwarte dich demnächst in Wien. Ich war paff und begriff, es gibt kein Zurück mehr.

Aufgrund eines Wehwehchens meinerseits vergingen nochmals drei Monate. Aber heute war es so weit. Ein Termin war vereinbart, und zwar so, dass wir das „Projekt Flinserl“ früh genug setzten, um dann noch einige Stunden (Vater und Sohn) zusammen verbringen konnten, bevor wir dann gemeinsam Lux vom Kindergarten abholten. Die Kinder spielten im Freien und er rannte, als er uns sah, sofort auf mich zu. Eine weitere Überraschung für mich. Papa, mit gespielter Miene in Gesicht und Wort fragte nur: Begrüßt du mich auch? Papa machte den Vorschlag nach Hause zu gehen und zu kochen, Lux und ich blieben im Park. Er hatte seinen Spaß und war auch dementsprechend ausgelassen. Irgendwann, wenn auch spät, was mich sehr verwunderte, kam die Frage dann doch. „Opa, was hast du in deinem Rucksack?“ Die erste Antwort, eine Jause für dich. Aber die kann ich dir jetzt nicht geben, da Papa daheim bereits eine Mahlzeit zubereitet. „Opa, ist auch was zum Naschen dabei“? Nur zwei kleine „Gesundheitskekse“ und die gibt es auch erst zu Hause. „Opa ist auch eine Überraschung drinnen“? Das verrate ich dir auch erst nach Papas Mahlzeit. Und siehe da, nach kurzer Zeit begann der Aufbruch und wir verließen den Park. Er verlangte aber nicht gleich den Rucksackinhalt zu sehen, sondern zeigte mir viele seine neuen, aber auch alten Errungenschaften. Zu den Ostereiern fragte er mich, wo ich sie denn gefunden habe und ich musste ihm gestehen, dass ich sie gekauft habe und die Suche nach den versteckten er selbst in Kürze in Angriff nehmen muss. Das Buch über die Entstehung der Erde hat er genauso wenig erwartet und daher war auch darüber die Freude groß. Nach einem angenehm schmeckenden Abendessen erfolgte wie immer der Abschied. Diesmal in einer fröhlichen Stimmung und mit Abschiedswinken vom Balkon.


© Erich Stöger 2025-04-07

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Herausfordernd, Emotional, Entspannend
Hashtags