von Margaretha Husek
Von den schönen Sommertagen blieb nur mehr vergilbter Glanz übrig. Der Herbstbeginn brachte bei angenehmen Temperaturen viel Freude und lockte zu ausführlichen Spaziergängen. Blätter segelten langsam von den Bäumen, auch überreife Früchte fielen Stück für Stück zu Boden. Die letzten Sonnenstrahlen der tief stehenden Sonne warfen lange Schatten und tauchten die Natur in ein buntes Farbenmeer. Die Blätter der roten Kletterpflanzen faszinierten mich. Sie sorgten für ein atemberaubendes Farbenspiel. Der Altweibersommer gehört wie der Frühling zu den schönsten Momenten im Jahr. Ich liebe den blauen Himmel, die angenehme Wärme, die vielen Farben und die Ruhe, die in die Natur einkehrt. Ein Schwarm von Mücken umzingelte mich und schwirrte um meinen Kopf herum. Ich überlegte. Muss ich Mücken das Recht auf Leben zusprechen? Mit einem Taschentuch vor dem Gesicht flüchtete ich in den Schatten. Das Sterben hat mit den Insekten begonnen, jetzt im Herbst mit den Mehlschwalben. Waren sie zu schwach für den Flug in den Süden oder war es die extreme Kälte Mitte September?
„Eine Insektenfarm wäre ideal, die die Überproduktion der Lebensmittelindustrie umsetzen, um dann zu verschiedenen Produkten verarbeitet werden“, hörte ich eine Frau hinter mir sagen, die mit ihrem Hund flanierte und auch sichtlich den warmen Herbsttag genoss.
„Würden Sie Maden essen?“, fragte ich sie neugierig. Dabei dachte ich an die Engerlinge, die ich als Kind in der Erde entdeckt hatte.
„Ja, warum nicht? Ich weiß, der Ekel ist in Europa kulturell zu stark verankert. Mehlwürmer haben es schon geschafft und sind derzeit in der EU als Lebensmittel zugelassen.“
„Ich bin schon froh, dass ich mich hauptsächlich vegetarisch ernähre. Die Grillspieße oder die Laibchen aus Erbsenprotein schmecken auch delikat.“
Was Insekten, Raupen und Maden anbelangt, sind wir in Europa wohl etwas kulturell bedingt überempfindlich. In anderen Gegenden gelten diese zum Teil als Leckerbissen. Ein Bekannter, der lange Indonesien und Umgebung bereist hat, berichtete vom „vollautomatischen“ Nachtisch. Regenwürmer, die man nur in den Mund legen müsse, den Weg fänden sie von allein. Er meinte, es war viel Überwindung notwendig, aber Ablehnung wäre unhöflich gewesen.
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© Margaretha Husek 2022-10-09