von Kurt Fleischner
Durch die TĂŒre meiner Praxis als psychologischer Berater marschieren lediglich zwei Kathegorien von Menschen: Das Problem der einen ist, dass es in ihrem Leben keinen Partner gibt. -Die anderen leiden unter dem Umstand, dass es in ihrem Leben einen Partner gibt.
Erika und Martin erzĂ€hlten beim ErstgesprĂ€ch von gravierenden Kommunikationsproblemen, zwischen den beiden flammte immer wieder heftiger Streit auf, der schlieĂlich damit endete, dass sich beide, verletzt zurĂŒckzogen. Es passierte in der dritten Sitzung, Martin reagierte mit einem Wutanfall auf eine Aussage seiner Partnerin, schrie sie nieder und dabei fiel eine Anzahl Ă€uĂers abwertender Bemerkungen. Ich wies Martin darauf hin, dass ich zwar den emotionalen Stress, den er erlebte, nachvollziehen konnte, dass es aber völlig ausgeschlossen war, in einer Sitzung in dieser auf diese Weise auf seine Partnerin loszugehen. Ich trage schlieĂlich die Verantwortung fĂŒr den Schutz meiner Klienten, ich wĂŒrde es auch nicht erlauben, wenn man ihn in einer Beratungsstunde so behandelte.
Martin konnte sich jedoch auch in der folgenden Viertelstunde nicht beruhigen. Immer wieder schossen wĂŒste Beschimpfungen aus seinem Mund, bis ich schlieĂlich meine AnkĂŒndigung wahr machte und die Stunde abbrach. Ich tat dies in einer ruhigen, professionellen Weise, mit der pragmatischen Feststellung, dass fĂŒr mich eine Weiterarbeit unter diesen Bedingungen weder sinnvoll, noch möglich war. Martin wandte nun seine Wut gegen mich. Er war stinksauer und bitterböse, ich habe ihn in aller Ruhe, jedoch mit gorĂer Klareheit, aufgefordert meine Praxis zu verlassen und er ist schlieĂlich schimpfend abgezogen..
Eineinhalb Wochen spĂ€ter erhielt ich einen Anruf von ihm, mit der Bitte, um einen weiteren Termin fĂŒr eine Paarberatung. Ich eröffnete das BeratungsgesprĂ€ch in meiner gewohnten Weise mit den Fragen: âWie geht es Ihnen? Was waren Ihre Gedanken und GefĂŒhle nach unserer letzten Sitzung und was ist seither passiert?
Martin feixte mich vorwurfsvoll an: âWegen Ihnen musste ich eine Stunde bei meinem Therapeuten nehmen!â âNajaâ, gab ich augenzwinkernd zurĂŒck, „Kollegen mĂŒssen halt zusammenhalten. Ihr Therapeut möchte ja schlieĂlich auch etwas verdienen⊓ Martin hatte versucht mit mir das Spiel âBöser Therapeut-Armer Klientâ zu spielen, ich war aber zu erfahren, um eine solche Einladung anzunehmen. Die Sitzung war dann auch durchaus konstruktiv und nach weiteren acht Sitzungen habe ich das Paar entlassen. Ob die beiden es wirklich miteinander geschafft haben weiĂ ich nicht.
© Kurt Fleischner 2021-05-05