Yoga im Kuhstall

ObergrĂŒnwald

von ObergrĂŒnwald

Story

Das Klischee vom idyllische Leben am Bauernhof entspricht, typisch Klischee, nur zum Teil der RealitĂ€t. Das verklĂ€rte Traumbild existiert in Momenten, in denen mich die Arbeit in und mit der Natur erfĂŒllt und ein GefĂŒhl von Freiheit und Verbundenheit mit der Schöpfung im innersten erwĂ€rmt.

TatsĂ€chlich lĂ€sst mich aber der allmorgendliche Spagat bei der Versorgung von K&K (KĂŒhen&Kindern) regelmĂ€ĂŸig rotieren und jeglichen Vorsatz von ‘im Hier und Jetzt sein’ vergessen. Dann schmiere ich, die Zitze der letzten Kuh in der Hand, in Gedanken schon die Jausenbrote der Kinder, bis sich die feinfĂŒhlige WiederkĂ€uerin unsanft meine Aufmerksamkeit zurĂŒckerobert. Also ist Frau BĂ€uerin gut beraten, die eigene Dreifaltigkeit in Form von Körper, Geist & Seele ebenso fĂŒrsorglich zu pflegen wie die K&K. Vor Jahren belegte ich deshalb einen Qi Gong Kurs. Die angenehmen, von den Kindern aber belĂ€chelten, Übungen gerieten leider allzu bald in Vergessenheit. Die nĂ€chste fernöstliche Entspannungsmethode, in Form von Online-Kinderyoga, probierte ich wĂ€hrend des 1. Lockdown, gemeinsam mit der Großen, um dem akuten Mangel an kindlicher Homeschooling-Konzentration und mĂŒtterlichen Nerven beizukommen. WĂ€hrend wir tiefenentspannt im Lotussitz am BĂŒroboden saßen, drehte der LĂŒfter des Ur-Alt-Modells ‘Klappcomputer mit Einsteckinternet’ lautstarke Extrarunden. Den Großen-Kleinen, einen bekennenden Yoga-Abstinenzler, begeisterte lediglich das “OHM”, mit dem er seither ĂŒbertrieben seinen neuen Lieblingssatz „Mama, meditieren statt explodieren” vervollstĂ€ndigt um damit jeglichen maternalen Wutausbruch im Keim zu ersticken. (mit mĂ€ĂŸigem Erfolg
)

Der zweite Lockdown bescherte uns ĂŒberraschend einen neuen Fernseher samt Alexa, welche nun regelmĂ€ĂŸig die neuesten Entschleunigungs-Trends vorschlĂ€gt. Ich versuchte mich in Lu Jong (tibetisches Heilyoga) und kugelte mir bei “Wie sich der Yak die Schulter reibt” dieselbige fast aus. Meine Aufforderung richtung Couch an den Großen-Kleinen, ein paar Übungen wĂŒrden ihm auch nicht schaden, wurden mit “i ĂŒbe eh, i bin der SiebenschlĂ€fer der grad schlĂ€ft” quittiert. Den vorerst letzten Versuch zu innerem Frieden zu finden unternahm ich im Stall. Eine Meditations-App war diesmal das Mittel der Wahl. Die ruhigen KlĂ€nge durch die Ohrstöpsel, der Duft des Heus in dem ich saß, den Blick auf die dösenden oder wiederkĂ€uenden Damen gerichtet, Einatmen, Ausatmen,
taten ihre Wirkung!

Bis mich ein lautstarkes “Schaust du da Kua beim Scheißen zua? Host du koa Oabeit?” aus meiner Trance riss.

“NAMASTE” – “Wos?” – “NA, i MIST EH aus“

Also zurĂŒck an die Arbeit, wo mich das eintönige, gedankenverlorene Aufladen des Mists in die Scheibtruhe ebenfalls bald in einen tranceĂ€hnlichen Zustand versetzt. So geht Yoga a la Kuhstall. ;)

© ObergrĂŒnwald 2020-12-16

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