Yoga-rnichtsoschlecht

Steffi Schwarz

von Steffi Schwarz

Story

Ich fühle mich wie glücklich bekifft, Rotz läuft mir wie ein friedliches Rinnsal aus der Nase und mit jedem Brennen sinke ich noch ein bissl tiefer in die Entspannung.

Ich bin beim Yoga. Seit Monaten endlich wieder mal. Die Lehrerin lädt in den Garten ihrer fetten Villa. Ich begrüße die Gruppe. Die ersten beiden Yogis sehe ich noch, dann verschwimmt mein Blick und irgendwas tröpfelt aus meiner Nase. „Du hast doch keinen Heuschnupfen oder? Unser Gärtner hat frisch gemäht…“ Ich blinzle nur und zieh einen ziemlichen Schwall Rotz hoch. Mit halbgeschlossenen Augen breite ich meine Yogamatte aus. Die Lehrerin will mit einer Anfangsmeditation starten und wir sollen uns hinlegen.

Als meine Haare die Matte berühren, blendet mich die Sonne wie ein feinziger Starkstrom-Scheinwerfer. Darum war der Platz noch frei… Ich mache die Augen zu und spüre, wie die Heuschnupfen-Halogen-Tränen meine Schläfen runterlaufen. „Stellt euch vor, ihr seid ganz federleicht.“ Sehr witzig. „Jetzt fliegt ihr über Berggipfel.“

Während wir als Nächstes in Gedanken die Wolken berühren sollen, merke ich ein Stechen unterm rechten Schulterblatt. Ich setze mich kurz auf, klappe die Matte um und ertaste halb blind die Wiese unter mir. HA! – eine spitze Wurzel! Ich ruckle in Richtung meiner Liegekollegin. „Zwei Meter!“ flüstert die im Halbschlaf. Ach, es ist herrlich wieder unter Menschen zu sein.

So. Jetzt aber weiter mit der Entspannung. Ich lege mich wieder auf den RĂĽcken und höre es plätschern. Der Brunnen am GrundstĂĽck lässt literweise Wasser durch eine Pumpanlage. Ich muss plötzlich ganz schrecklich dringend aufs Klo. Warum bin ich nicht mehr daheim gegangen? Ich ärgere mich ĂĽber mein Hudeln und weil ich ja bekanntermaĂźen zur Theatralik neige, stelle ich mir unweigerlich vor, wie sich meine Blase immer weiter fĂĽllt. Mehr und mehr. Bis sie irgendwann platzt und mich die Rettung hier abholen muss. Die Tränen laufen. Nicht wegen meines unwĂĽrdigen Abganges, sondern wegen diesem verdammten gemähten Rasen und der Sonne. „Wir atmen die Wolken…“ Ich muss jetzt endlich meditieren. Sage ich mir noch lautlos und spĂĽre auf einmal winzige Körperchen und ein ganz schirches Brennen. Ameisen! Zig. Hunderte!!! Ich schĂĽttle mich und hoffe, dass die (verzeiht mir) Drecksviecher so alle abfallen. Aus zwei geschwollenen Augenschlitzerl seh ich den tiefblauen Himmel. Wann hab ich eigentlich das letzte Mal da rauf geschaut? Ein Flugzeug zieht lautlos eine weiĂźe Linie. Bestimmt fliegt´s zum Meer. Ich sehe mich in einem weiĂź gepolsterten Strandbett. Schlafen. Stundenlang schlafen. Es ist herrlich. Die Sonne brennt mir ins Gesicht. Ich pick auf meiner Matte wie ein Stoiwerk auf heiĂźem Beton. Hi und da weine ich eine Allergieträne, und zucke kurz, wenn sich wieder eine Ameise auf mir entleert. Meine Blase vergesse ich fĂĽr diesen Bruchteil einer Minute. Die reiche Lehrerin hat recht. Ich bin ganz federleicht…

© Steffi Schwarz 2021-06-16