Zehntes Buch

Franziska Schmidt

von Franziska Schmidt

Story

Die Staatsanwaltschaft hatte noch immer keinen Haftbefehl erlassen, als Ludowo zurückgekehrt war. Walzer hatte wissen wollen, was geschehen war, aber sein Chef hatte lediglich die Hand gehoben als Zeichen der Abwehr, während seine andere Hand den Kaffeeautomaten bediente. Walzer hatte sich an die Wand gelehnt und ihn beobachtet, die Anspannung in seinen Händen war nicht zu übersehen.

„Hat er ein Geständnis abgelegt?“ – „Nein.“ Der Kaffee schwappte über und drohte, ihm seine Finger zu verbrennen, während er versucht hatte, sich zu beruhigen. „Denken Sie, er war es?“ – „Herrgott noch eins, Walzer!“, schrie Ludowo nun fast. „Es geht hier nicht darum, was ich denke oder meine oder …“ – „Glaube?“

Es war einem Wunder gleich, dass Walzer nicht die Kaffeetasse ins Gesicht bekam, doch dem Blick zu urteilen, war der Tag gelaufen für Ludowo. Und Walzer hatte das gemerkt und die Flucht ergriffen.

In seinem Büro angekommen, landete die Tasse auf dem Tisch und Ludowo auf seinem Bürosessel, während er an die Wand blickte.

Dieser ganze Fall ging ihm viel näher, direkt an seine Nieren, sein Kiefer mahlte unaufhörlich, es war zu schmerzhaft, etwas zu essen. Wiaras Gesicht schwebte vor seinem inneren Auge – wie konnte sich ein Mensch nur so sehr einem Gott verschreiben? Einer unsichtbaren Macht?

Walzer hatte seinen Chef eine halbe Stunde alleine gelassen und ihn danach erst wieder aufgesucht. Er öffnete die Tür und schob seinen Kopf herein, um seinen Chef zu mustern, der mit dem Rücken zu ihm saß.

„Entschuldigen Sie, Walzer.“

Walzer zuckte zusammen, er hatte nicht erwartet, dass er bemerkt worden war. Ludowo sah erschöpft aus, während er die Akte öffnete. Danach erhob er sich und zog die Korktafel näher, bevor er begann, einen Zeitstrahl zu zeichnen.

12. März – Opfer zuletzt gesehen → bestätigt durch Nachbarn, Kameras.

19. März – Fund der Leiche → Obduktion bestätigt Tod am gleichen Tag

Wo 13/14/15/16/17/18?

Langsam trat er einen Schritt zurück, als sein Diensttelefon klingelte. Er hob ab und Walzer sah die Müdigkeit in seinen Augen einer gewissen Resignation weichen, bevor er das Feuer aufleuchten sah.

„Sie denken, er ist laut seinen Handydaten am 12. ins Kloster gefahren.“

© Franziska Schmidt 2023-07-15

Genres
Romane & Erzählungen, Spiritualität
Stimmung
Dunkel, Angespannt, Dark
Hashtags