von vallybeck
Hechelnde Hundefilter, tanzende Hotdogs und Barbiepuppen-Schönheitsfilter, klingt skurril, ist aber Teil der täglichen Routine der Jugend.
Ich, 17 Jahre jung, berichte heute live aus meinem hormon-verseuchten Teenager Umfeld und werde als Zeitzeuge über das Phänomen der Selfie-Sucht berichten. Ich muss zugeben, selbst ich habe mich dem Gruppenzwang ergeben und habe die App mit dem weißen Gespenst auf meinem Smartphone installiert. Snapchat, eine App mit der täglich 71 Mio. Menschen in Europa via Fotos miteinander kommunizieren. Um sich alle Fotos anzusehen, die innerhalb einer einzigen Stunde weltweit über Snapchat verschickt wurden, würde man übrigens 10 Jahre lang brauchen…
So eine richtige vollzeit “Snaperin” bin ich nicht geworden, im Gegensatz zu einem erschreckend großen Teil meines Bekanntenkreises. Und mit vollzeit Snaper meine ich wirklich VOLLZEIT: Jedes Essen muss ins richtige Licht gerückt werden und verschickt werden. Auch Schulstunden und Zebrastreifen müssen der vollzeit Snaper Berufung weichen, heimliche Selfies in der Mathestunde und der fest fixierte Blick aufs Handy bei der Überquerung von Straßengehören zum Berufsalltag. Das Handy ist immer in Reichweite, beim Lernen, beim Sport, beim Essen, beim Schlafen.
Fotos werden nicht nur an echte Freunde verschickt, sondern auch an Freunde von Freunden und Bekannten von Verwanten bis hin zu völlig Unbekannten. Fotos mit aufreizenden Posen, bauchfreien t-Shirts und zusätzlichen Schönheitsfiltern zu der 3 cm dicken Make-up Schicht werden mit oberkörperfreien Bildern mit gestylten Haaren und einem, extra über dem Hosenbund herrausschauenden Gummi einer Calvin Klein Unterwäsche beantwortet. Man wird mit “Schenste”, “Geile”, oder „Schoarfe“ angeschrieben und sofort nach dem Alter gefragt. Entschuldigung, aber ich dachte das ist eine Social Media Plattform und keine Nuttenvermittlung?! Aber NUR eine Social Media Plattform ist Snapchat schon lange nicht mehr. Von anonymen Namen gedeckt wird häufig nach Nudes (=Nacktbilder) gefragt oder man erhält völlig unfreiwillig Bilder eines männlichen Geschlechtsteiles auf sein Smartphone.
Eben Erwähntes ist mir mittlerweile schon 2 Mal passiert, und das, ohne dass ich irgendein Zeichen von Interesse gezeigt habe oder anzügliche Bilder von mir verschickt habe, und mit 2 dieser Erfahrungen liege ich noch deutlich unter dem Durchschnitt. Ich stand in der Straßenbahn und öffnet ganz ahnungslos den erhaltenen Snap und plötzlich halte ich mein Handy mit einem bildschirmfüllenden Foto eines Penisses in der Hand. Würgereiz.
Ich kann euch zwar sagen, warum wir Jugendlichen Snapchat verwenden: weil wir selbstverliebt sind und es uns Spaß macht uns gegenseitig lustige Bilder von uns zu schicken. Aber wie man so armselig sein kann sein bestes Stück übers Internet zu teilen bleibt auch mir bis dato ein Rätsel…
© vallybeck 2021-02-24