Zu wählerisch

Shelly Further

von Shelly Further

Story

Die Liebe. Manchmal, meist an einsamen Abenden allein in meinem Bett, beschleicht mich das unangenehme Gefühl des Frustes. Des Frustes darüber, das scheinbar jeder in meinem Umfeld es schafft einen Partner zu finden, nur man selbst nicht. Momentan ist jede meiner Freundinnen in einer Beziehung. Und das erste Mal, ist tatsächlich jede von ihnen in einer Beziehung mit einem Mann, von dem ich tatsächlich etwas halte, was in der Vergangenheit leider selten der Fall war. Nein, momentan sind alle in Beziehungen mit tollen Männern, mit Männern, bei denen ich mich ehrlich freuen würde, wenn sie sie einmal heiraten. Ich gönne jeder einzelnen meiner Freundinnen ihr Glück von ganzem Herzen, aber dennoch taucht manchmal, ganz selten, an diesen einsamen Abenden, an denen man mit einer Tüte Chips, manchmal auch der zweiten, Sex and the City zum hundertsten Mal schaut und sich plötzlich das fiese Gefühl des Neids in einem breit macht und man sich fragt „Wieso lernt scheinbar jeder tolle Männer kennen außer mir?“

Es dauert dementsprechend meist nicht lange, bis man anfängt das Problem bei sich selbst zu suchen. Bin ich vielleicht doch zu wählerisch? Bin ich so lange allein, dass mein ganzer Tagesablauf gar nicht gemacht wäre für einen Partner? Habe ich etwas an mir, dass nur die Idioten anlockt? Es ist ja nicht so, als würde ich niemanden kennenlernen. Ich bin viel unterwegs und lerne dementsprechend viele Menschen und vor allem auch Männer kennen, doch leider erweisen diese sich meist als Vollidioten. Von Männern die eigentlich verheiratet sind und lediglich auf der Suche nach einer Affäre, zu Männern mit Alkohol und Drogenproblemen, zu Männern die regelmäßig Bordelle aufsuchen, zu Männern die nur nach etwas lockerem Suchen, zu Männern die viel zu alt für mich sind, oder neuerdings auch zu jung für mich sind. Macht mich das wählerisch? Ich rede mir ein, dass ich lediglich mich selbst schütze, in dem ich es mit manchen von ihnen gar nicht erst versuche. Das sage ich zumindest meinen Freundinnen, wenn sie mir vorwerfen „einfach zu wählerisch“ zu sein. Vielleicht bin ich also wählerisch, vielleicht steht mein eigenes mentales Wohl mir über dem Wunsch einen Partner zu finden. Wozu etwas versuchen von dem ich von vornherein weiß, dass es scheitern wird? Wenn das wählerisch ist, dann ja, dann bin ich wählerisch. Wenn ich also noch weitere Jahre warten muss, bis ich den, für mich, perfekten Mann treffe, dann ist das so. Aber lieber warte ich, bevor ich meine mentale Gesundheit, meine Selbstliebe und viele Tränen aufs Spiel setze für einen Mann der seine gesamte Energie in das Drehen seines Joints und das Ziehen von Kokain investiert, während er parallel zu mir noch drei weitere Leidensgenossinnen in den Abgrund zieht.

Und wenn mich der Frust und der Neid an einem einsamen Abend dann wieder packen, dann habe ich zumindest noch den Beistand von Carrie, Samantha, Miranda und Charlotte. Und zwei Tüten Chips.

© Shelly Further 2025-03-16

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Herausfordernd, Emotional, Hoffnungsvoll, Inspirierend, Reflektierend