Zuckerschnecken

Giggu

von Giggu

Story
St.Weidenau

In der Café-Konditorei des Konditormeisters Hansi Hosnedl sitzt die Lilo, smst heftig auf ihrem Handy und kaut irgendwie verdrossen Kaugummi. Sie klatscht den jungen Herren, die an ihrem Tisch sitzen, abwechselnd auf die vorwitzigen Finger, die sich unter Lilos Minirock verkriechen wollen. „Jetzt gebt´s amal a Ruh!“, zischt die Lilo, weil es ihr reicht. Die fünf jungen Männer, allesamt wichtige Stützen des örtlichen HMV, lachen etwas heiser-verlegen. Nur der 6-er traut sich aufzubegehren: „Stell di net so an!“ Lilo spielt weiter mit ihrem Handy. Die Fußballer lassen sie nun links liegen oder besser sitzen und diskutieren die Mannschafts-Aufstellung für das kommende Match gegen die Nachbarortschaft. Im Café hat heute die Chantal Dienst, und das sieht man gleich daran, dass weder die Lilo, noch die Herren Fußballer Getränke vor sich stehen haben. „Heast, Chantal, bist eing´schlafen oder was?“, ruft der Tormann. Chantal verdreht die Augen und kommt langsam hinter der Theke hervor, um die Bestellung aufzunehmen. Das wird eine Weile dauern, denn die Chantal kann sich nämlich sechs Getränkebestellungen – in diesem Fall vier große Braune und zwei Cola light – für gewöhnlich nicht merken.

Durch die großen Fensterscheiben der Café-Konditorei kann man die Maria Schutz in die Kirche eilen sehen. Aus ihrer Korbtasche lugt ein Katzenkopf heraus. Die Schutzin trippelt leise zum Taufbecken, in dem sich geweihtes Wasser befindet, taucht ihre Hand darin ein, beträufelt den Katzenkopf und ihre Stirn mit einem Kreuzzeichen. Aus der Sakristei hört sie Stimmen, kann aber leider nichts verstehen. Verdrossen setzt sie sich in einen Beichtstuhl und gönnt sich ein göttliches Schläfchen.

An den Wochenenden ist Hansi Hosnedls Café „Schneckerl“ immer voll. Glücklicherweise hat die tüchtige Ayse Dienst. Da klappt alles wie am Schnürchen. Sie ist flott, freundlich, hübsch und merkt sich sämtliche Bestellungen. Sie hält Tische und Theke perfekt sauber. Ihre türkischen Wurzeln zeigen sich nur in ihren wunderschönen dunklen Augen und ihrem dichten schwarz-glänzenden Haar. Sie ist so ganz das Gegenteil von Chantal, was auch der Chef weiß, der soeben frische Mehlspeisen aus der Küche bringt. Er schaut sich zufrieden in seinem gut gehenden Lokal um und beobachtet Ayse, die im Laufschritt von Tisch zu Tisch unterwegs ist, ohne jedoch Hektik zu verbreiten. Das gefällt ihm, auch Ayse gefällt ihm, was sie aber nicht wissen soll. Er schiebt den Gedanken beiseite und überlegt, wie er – gemeinsam mit Pfarrer Sam – die Burschen für das Match gegen Kleedorf aufstellen soll. Als er im Geiste gerade die Sturmspitze platziert, steuert die Ayse auf ihn zu und sagt knapp: „Chef, wir müssen dann reden!“ Uiii, denkt sich der Hosnedl, das klingt gar nicht gut.

Nach der Sperrstunde stellt Ayse zwei Tassen Cappuccino auf den kleinen Besprechungstisch. Der Chef drängt sie mit dem Rücken an die Wand und hält sie mit seinem Körper fest. Er befreit ihre langen Haare aus dem strengen Zopf und mit zarten Küssen wandern seine Lippen zu Ayses Mund. Ayse klopft mit ihrer Faust auf den Tisch, dass die Tassen klirren. „….und daher brauchen wir eine neue Diensteinteilung!“ Jäh wird Hansi aus seinem Tagtraum gerissen, sieht sich ihr gegenüber sitzen, und schafft nur ein dümmliches: „Äh – – ja?“

© Giggu 2024-08-22

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Emotional, Komisch
Hashtags