von Gina
Als die Tür mit lautem Knall ins Schloss fiel, stürzte mein Selbstvertrauen in ein tiefes Loch.
Bin ich schuld an der Misere? Was hatte ich falsch gemacht? Was hätte ich besser machen können? Und die Fragen aller Fragen – wieso trifft es mich!! Ich, die sich permanent um andere sorgt, nein, das kann nicht der Grund sein, oder doch? Ich, die immer alles versucht die Dinge ins rechte Licht zu zu rücken, ist das eventuell des Guten zu viel? Ich, die sich für Ordnung und Sauberkeit einsetzt, ist das nicht mehr wichtig in der heutigen Zeit? Bin ich zu kleinlich? Vielleicht zu besitzergreifend? Womöglich zu kaltherzig? Eventuell zu gutgläubig? Oder, was das schlimmste wäre – zu hässlich?
Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich stürzte mich in die Arbeit, putzte die ganze Wohnung, zupfte das Unkraut zwischen den Blumen aus, mähte den Rasen, ja, ich bügelte auch die Wäsche, die ich sonst immer vor mir wegschiebe. Doch irgendwann gab es nichts mehr zu tun. Doch, da wäre vielleicht noch kochen übriggeblieben, aber da ich keinen Bissen hinunterbrachte, hatte diese Tätigkeit wenig Sinn. Das traurige dabei, nicht mal der Kaffee schmeckte mir. So saß ich dann stundenlang vor der Glotze und lies mich berieseln, ein trauriges Dasein hatte mich in den Fängen.
Irgendwann klingelte mein Telefon, ich überlegte ob ich abnehmen sollte. Ich wollte mit niemanden reden, keinem Menschen meine Niederlage – so schätzte ich meine Lage ein – erklären zu müssen. Ich hob ab mit „hallo“. „Gerda, gut dass ich dich erreiche“ plapperte mein Telefonpartner munter drauf los „ich habe..“ „Halt“ sage ich schroff „mit wem wollten sie sprechen?“ „Natürlich mit dir, meine Liebe“, „ich bin nicht ihre Liebe, sie haben sich vermutlich verwählt“ versuche ich zu erklären. Einen Augenblick herrschte Totenstille, dann die unsichere Frage „ist dort nicht Gerda Müller aus Bregenz?“ „Nein, hier spricht Gina W. aus der Nähe von Gmunden am Traunsee“. Jetzt hatte es ihm die Sprache verschlagen, denke ich, doch Fabian Stur, so hat er sich zuvor vorgestellt, denkt nicht daran, das Gespräch zu beenden. „Wissen sie, darf ich sie Gina nennen? Ich bin gerade zur Kur im Moorbad Gmös, das ist in der Nähe von Laakirchen und nur ein paar Kilometer von Gmunden entfernt, so ein Zufall“. Ich musste lachen, das Moorbad ist keine drei Kilometer von mir entfernt. „Hören sie Gina, darf ich sie zu einem Kaffee einladen, ich könnte morgen nach den Behandlungen nach Gmunden kommen, kennen sie ein gutes Cafe?“ „Muss es ein Cafe in Gmunden sein?“ frage ich lachend. „Nein wieso?“ „Wir könnten uns beim Gutenberg, das ist ein Cafe in Laakirchen treffen“ schlage ich vor. „Super so kann ich den Cafehausbesuch mit einem Spaziergang kombinieren, sagen wir, so um 15 Uhr?“ „Passt“ war meine spontane Antwort.
Als ich das Telefon beiseite gelegt habe, musste ich schallend lachen, nach so vielen Tagen, das erste mal und irgendwie fühlte ich mich besser.
© Gina 2019-04-11