Ich war fünf oder sechs Jahre alt. Es war ein wunderschöner Sommertag, einladend, sich nach draußen zu begeben, um einen Ausflug zu machen. Meine Eltern beschlossen, mit mir nach Wien zu fahren. Ich sollte den Prater kennen- und erleben lernen. Meine Freude war groß. Erwartungsvoll sah ich den kommenden Erlebnissen entgegen.
Mit dem Autobus fuhren wir frühmorgens vom Neusiedler See in Österreichs Hauptstadt. Der Autobus hielt damals in der Operngasse. Nach einem ausgiebigen Frühstück in einem Lokal, das es heute noch unter anderem Namen gibt, fuhren wir zum Prater. Ob mit einem Taxi oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, weiß ich nicht mehr. Ich war sehr beeindruckt von diesem riesigen Pratergelände. Die Hochschaubahn jagte mir Angst ein. Niemals wollte ich damit fahren. In schöner Erinnerung habe ich die Märchenschaubahn. Dort gefiel es mir am besten. In der Geisterbahn hatte ich schreckliche Angst. Tröstlich war nur, dass ich zwischen meinen Eltern sitzen durfte, und mich von ihnen beschützt fühlte. Trotzdem war ich froh, diesem Gruselkabinett heil entkommen zu sein und wieder das Tageslicht sehen zu dürfen. Als Nächstes fuhr mein Vater mit mir ein oder zwei Runden Autodrom. Die ständigen Zusammenstöße mit den anderen Fahrern zerrten an meinen Nerven. Froh war ich, dieses seltsame Gefährt wieder verlassen zu dürfen. Schön daran war hauptsächlich der Umstand, dass mein Vater mit mir etwas unternahm, was leider selten vorkam. Irgendwann gingen wir irgendwo zum Mittagessen. Meine Mutter und ich aßen ein Wiener Schnitzel, mein Vater ein kleines Gulasch.Danach gingen wir noch in das Lachkabinett, wo es mir überhaupt nicht gefiel. Schnell wollte ich wieder raus. Mit der Geisterbahn wollte ich nicht nochmals fahren, aber mit der Märchenbahn sehr wohl. Die vielen dargestellten Szenen aus den mir vertrauten Märchen verzauberten mich und entführten mich in eine unglaublich schöne Fantasiewelt, die in meinen Träumen weiterlebte.
Der schöne Sommertag neigte sich seinem Ende zu. Wir mussten vom Prater Abschied nehmen. Ein wenig traurig war ich darüber. Aber es war Zeit, wieder zurückzufahren in das kleine burgenländische Dorf, in dem wir lebten. Ich war voll von den vielen neuen Eindrücken, die in meinem Kopf ein regelrechtes Feuerwerk veranstalteten und noch lange nachwirkten.
Es war nicht der letzte Besuch im Wiener Prater. Meine Eltern fuhren mit mir immer wieder in den Prater. Und später, als ich in Wien wohnte, besuchten meine Freundin und ich diese beliebte Vergnügungsstätte der Wiener sehr gerne. Und als Erwachsene und Mutter zweier Töchter war der Prater ein beliebtes sonntägliches Ausflugsziel. Aber das sind andere Geschichten.
© Ulrike Puckmayr-Pfeifer 2021-01-09