zum glĂĽck weg

Anna Maurer (Derndorfer)

von Anna Maurer (Derndorfer)

Story
Europa 2020 – 2024

Wo wohnt Gott?

Manchmal glaube ich, dass wir unseren Glauben an Gott der Kleinheit der Kartographie und den Unterteilungen der Erde in Kästchen geopfert haben. Ich sehe keinen Gott, wenn mein Blick auf diese Weise begrenzt und einge- schränkt ist. Durch Häuser, Autos und Straßen, die Land- schaften voneinander abgrenzen. Zu viele Grenzen auf unserer Erde. Die von uns gesetzten Grenzen de nieren auch die Grenzen unseres transzendentalen Wissens. Der Logos, der Verstand, viel zu viel Wissen um Nichts – das alles ist da. Aber der Mythos, die Mystik, das Unerfassbare, das wir dennoch spüren können – das liegt hinter diesen Grenzen. Die Grenzen, deren Schöpfer wir selber sind.

An Gott zu glauben, ist einfach, betrachten wir die Sterne, das Meer. Ich glaube an Gott, wenn ich an einer Klippe stehe. Der Wind bläst mir ins Gesicht. Er schmeckt nach Ozean, salzig, herb. Die untergehende Sonne wärmt meine Backen, meine Stirn. Der purpurne Schimmer der Abendröte legt sich auf mein Gesicht. Ich stehe an der Klip- pe, unter mir senkrechte Tiefe. Der Wind bläst vom Meer her, ich könnte mich ein wenig nach vorne lehnen. Der Wind trägt mich. Ich schaue in die Ferne. Nichts als Meer. Glitzernde Wellen, mit kleinen Schaumkrönchen. Keine hohen Wogen, nur sanfte Wellen. Ich sehe gebannt auf die sich immerfort verändernden Bilder, die vor meinem Auge entstehen. Die Wellen können hypnotisieren. Die Farbtö- ne reichen von Blau, Silber, Schwarz hin bis zu Golden, Rötlich. War das soeben ein Fisch? Eine Flosse? Die Bilder verschwimmen. Wirklichkeit und Fantasie wechseln einan- der ab. Alles schwingt friedlich. Alles ist eins. Die Naturge- walten, der Ozean, der an der Ober äche liebliche Wellen wirft, in der Tiefe hingegen gleichzeitig reißende Strömun- gen birgt, gegen die kein Mensch anzukämpfen vermag. Alles ist friedlich und eins. Alles gehört zusammen. Dann spüre ich, dass es einen Gott gibt. Dass alles zusammen- hängt. Dass alles einen Sinn macht. Dass ich mittendrin bin. Nicht am Rande. Nein. Sondern mitten im Gesche- hen. Das ist eine wichtige Erkenntnis. Mittendrin. Behütet. Irgendwie. Und von irgendwem.





© Anna Maurer (Derndorfer) 2024-02-19

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Abenteuerlich, Emotional, Inspirierend, Unbeschwert, Inspiring
Hashtags