von Josef-Paul Ecker
Durch das Erlebnis am Dachstein extrem motiviert, wollte ich in diesem Jahr noch einige weitere Klettereien unternehmen. Chris, mein Kletterpartner hatte zum Glück die letzte Augustwoche noch Urlaub. Urlaub brauchte ich mir keinen mehr zu nehmen. Seit 3 Jahren war ich in Pension und hatte „Dauerurlaub“. Natürlich nicht immer. Wenn man ein Haus und einen Garten hat, gibt es ständig was zu tun. Aber zwischendurch zog es mich immer wieder in die Berge. Wenn ich auf meinen Hausberg ging, der mit seinen knapp 400 Metern eher nur ein Hügel ist, nach Süden schaute und die Silhouette des Toten Gebirges sah, überkam mich oft eine innerliche Unruhe und die Sehnsucht nach den Bergen. Mit der Zeit bin ich zwar ein wenig ruhiger geworden, aber meine Frau meinte manchmal, dass es bei meinen Vorfahren einen sogenannten „Bergler“ (sehr bergaffiner Mensch) gegeben haben musste, der mir diese Leidenschaft für die Berge vererbt hat.
Jedenfalls passte es diese letzte Augustwoche in jeder Hinsicht für zwei Bergfahrten, auch das Wetter passte. Die erste unternahmen wir am Brunnkogel im Höllengebirge. Nach steilem Zustieg über einen unmarkierten Steig, kletterten wir den „Vöcklabrucker-Pfeiler“, eine gut abgesicherte Kletterroute mit 8 Seillängen. Am Gipfel wurden wir mit einer wunderschönen Aussicht auf drei Salzkammergut-Seen belohnt.
Ein paar Tage später fuhren wir wieder ins Gesäuse, Chris war seit meinem Absturz nicht mehr dort gewesen. Von Johnsbach aus wollten wir zur Heß-Hütte wandern und über den Ostgrat, am sogenannten „Rossschweif“, auf das Hochtor klettern, mit 2369 Metern der höchste Gipfel im Gesäuse. Im Kletterführer hieß es unter Charakteristik und Besonderes: sehr empfehlenswerte, klassische und genussreiche Kletterroute mit logischer Linienführung, landschaftlich besonders eindrucksvoll!
Nach 4 Stunden Zustieg, ungefähr 5 Stunden Kletterzeit und insgesamt 1840 Höhenmetern standen wir am Gipfel und genossen die Aussicht. Im Kletterführer wurde nicht übertrieben, es war eine extrem schöne und eindrucksvolle Klettertour. Die meiste Zeit in freier Kletterei, nur an zwei Stellen sicherten wir uns mit dem Seil. Für den Abstieg nahmen wir nach ausgiebiger Rast den Schneeloch-Weg zurück nach Johnsbach. Es war eine wirklich großartige aber auch konditionell anspruchsvolle Klettertour, ein würdiger Abschluss für dieses ereignisreiche Kletterjahr.
Im Spätherbst rief mich „mein“ Bergführer überraschend an: „Du, ein Bild von dir ist in der Zeitung, soll ich den Ausschnitt per E-Mail schicken?“. Natürlich wollte ich das. Wie kam es dazu? Paul machte so wie jedes Jahr einen wunderschönen Bergsport-Kalender und diese Tageszeitung machte dafür im Lokalteil Werbung mit Bild. Der Redakteur nahm dafür das August-Blatt, mit einem Foto von mir in der Dachstein-Südwand.
Was soll ich sagen, irgendwie hat es mich schon gefreut! War ich stolz darauf? Vielleicht? Aber komm wieder runter, sagte ich mir, so was Besonderes ist das auch wieder nicht, kennt dich ja eh keiner mit dem Helm und der Sonnenbrille. Bestellte aber gleich 5 oder 6 Kalender bei Paul und verschenkte sie an meine Töchter und Freunde. Einen behielt ich.
© Josef-Paul Ecker 2025-02-16